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Bund gibt Wolf zum Abschuss frei
Gesetzesänderung erlaubt präventives Töten des Rudeltieres - Umweltorganisationen befürchten erneute Ausrottung
Lange Zeit war der Wolf in Deutschland so gut wie ausgerottet. Er galt lediglich als Figur, die in Märchen eine wichtige Rolle spielt. Doch schon längst hat der Streit darüber, wie mit der wieder wachsenden Wolfspopulation in Deutschland umgegangen werden soll, die Politik erreicht.
»Neue Regeln für den Wolf« heißt die Überschrift auf dem Internetportal der Bundesregierung. Dort wird über eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes informiert, die der Bundestag wenige Tage vor Weihnachten beschlossen hat. Die Gesetzesänderung erlaubt es künftig, Wölfe zu jagen, wenn sie in Verdacht stehen, Schafe oder andere Nutztiere gerissen zu haben. In den vergangenen Monaten hatten vor allem bäuerliche Organisationen mehr Schutz ihrer Herden vor den Wölfen gefordert. In verschiedenen Ländern organisierten sie Demonstrationen, auf denen sie Angriffe von Wölfen auf weidende Schafe und Rinder beklagten. Neben finanzieller Entschädigung gehörte zu ihren Forderungen auch ein erleichterter Abschuss von Wölfen.
Gleichzeitig haben sich mittlerweile auch verschiedene Initiativen zu Wort gemeldet, die sich für den Schutz der Wölfe einsetzen. So moniert der BUND, dass mit der Gesetzesänderung der Artenschutz insgesamt aufgeweicht wird. Neben den Wölfen seien auch weitere geschützte Tierarten wie Kraniche oder Fischotter in Gefahr. Die zentrale Kritik des BUND richtet sich gegen den neuerdings erlaubten präventiven Abschuss. Es muss also gar nicht nachgewiesen werden, ob das Tier ein Nutztier angegriffen hat. Schon der Verdacht soll ausreichen, um es töten zu dürfen. »Der BUND fordert, dass auch in Zukunft alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, den tatsächlich für die Risse verantwortlichen Wolf zu identifizieren und diesen gezielt zu erlegen«, heißt es in einer Pressemitteilung der Naturschutzorganisation. »Nur Übergriffe auf geschützte Weidetiere dürfen zählen - denn Wölfe, die ungeschützte Weidetiere erbeuten, sind keine auffälligen Wölfe.«
Noch vehementer wird die Gesetzesänderung von der Interessengemeinschaft »Wolfsfreunde Deutschland« kritisiert. In der Initiative haben sich Umweltschützer*innen zusammengeschlossen, die dagegen kämpfen, dass der Wolf in der öffentlichen Diskussion unreflektiert zum Feind erklärt wird. Die »Wolfsfreunde« befürchten, dass mit dem neuen Gesetz der Wolfsbestand in Deutschland insgesamt zur Disposition stehen könnte. »Erst wenn alle Wölfe wieder in Deutschland ausgerottet sind, finden keine Nutztierrisse durch Wölfe mehr statt«, begründet Ariane Müller von den Wolfsfreunden im Gespräch mit dem »nd« ihre Befürchtung. Für Müller steht die Gesetzesänderung im Widerspruch zum EU-Recht. Dabei verweist auch sie auf die Stellungnahme zahlreicher Expert*innen für Umwelt- und Europarecht, die darauf verwiesen haben, dass der Gesetzesänderung »die Europa-Rechtswidrigkeit auf die Stirn geschrieben« stehe. Auch bei der Anhörung im Bundestag für Umweltschutz Mitte Dezember erklärten zahlreiche Expert*innen, dass der Gesetzesentwurf so fundamental mit EU-Recht kollidiert, dass er niemals verabschiedet werden sollte.
Dass das Gesetz trotzdem beschlossen wurde, ist für Ariane Müller reiner Populismus. Mit Begriffen wie »Problemwolf« werde eine Gefahrensituation beschworen, die so nicht existiere. Selten würden zudem etwa Kritiker erwähnen, dass bisher kein Fall nachgewiesen wurde, wo ein Wolf einen Menschen angegriffen hat.
Die zuständige Agrarministerin Julia Klöckner (CDD) gehörte in den vergangenen Monaten zu den entschiedensten Befürworter*innen einer Lockerung des Wolfsschutzes. Sie verwies darauf, dass die Wolfspopulation in Deutschland zuletzt gewachsen sei und die Angriffe auf Nutztiere zugenommen haben. Klöckner spricht davon, dass die Interessen des Naturschutzes in Einklang mit den Interessen der Landwirt*innen gebracht werden müssten. Klar ist auf jeden Fall, dass mit dem Gesetzentwurf die Debatte um den Umgang mit den Wölfen in Deutschland nicht beendet ist.
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