Eine Sache der Prioritäten
Österreich Grüne akzeptieren die Aushöhlung des Sozialressorts, kritisiert Alina Leimbach
»Stell dir mal vor, das Klima könnte wählen. Wer wäre das?«, plakatierten die österreichischen Grünen zur Nationalratswahl 2019. Ein Plakat mit der Aufschrift »Wen würden Beschäftigtenrechte wählen?« gab es dagegen nicht. Wohl nicht ohne Grund, denn mit Aussicht auf die erste türkis-grüne Koalition mit der konservativen ÖVP von Sebastian Kurz ist dieses Thema komplett heruntergefallen.
Zwar kokettieren auch die Grünen in Österreich damit, dass sie ökologisch und sozial seien, doch die wahre Agenda zeigt sich erst bei Machtfragen. Neben - klar - dem Klimaministerium, Justiz und einem eventuellen Kulturressort beanspruchen sie das Sozialministerium. Allerdings: Ausgerechnet der bedeutsame Arbeitsmarktbereich wird herausgelöst. Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsrecht wandern in ein durch eine ÖVP-Unternehmerin geführtes neues Ministerium für Familie und Arbeit. Anders als den Grünen scheint den Konservativen die Bedeutung dieses Themas bewusst. Wem die Hoheit über das Arbeitsmarktregime gehört, der hat schließlich die Hand an wesentlichen Stellschrauben von Wirtschaft und Verteilung.
Genau dort müssten die Grünen für den von ihnen geforderten sozial-ökologischen Umbau ansetzen. Auch um das Zukunftsversprechen auf eine gerechtere Welt, das bei ihnen stets unterschwellig mitschwingt, nicht zur Phrase verkommen zu lassen. Doch am Ende ist es eben alles vor allem: eine Sache der Prioritäten.
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