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Bundeswehr reagiert auf Sicherheitslage in Irak
Grüne fordern sofortiges Aussetzen der Mission / Durch Tötung Soleimanis militärische Eskalation zu erwarten
Potsdam. Die in Irak eingesetzten Bundeswehrsoldaten verschärfen nach dem tödlichen US-Angriff auf den iranischen General Ghassem Soleimani ihre Sicherheitsmaßnahmen. Das Hauptquartier der internationalen Militärkoalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) habe Einschränkungen für Bewegungen am Boden und in der Luft angeordnet, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam am Freitag.
Im Militärkomplex Tadschi, 30 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, sind derzeit 27 Bundeswehrsoldaten für die Ausbildung irakischer Kräfte im Einsatz. Bisher standen ABC-Abwehr, Logistik und Hochbau für Pioniere auf dem Programm. »Am Auftrag hat sich nichts geändert und wir setzen den so fort, wie er befohlen ist«, sagte der Sprecher. Derzeit liefen in Tadschi allerdings nur Vorbereitungen für den nächsten Kurs, der Mitte Januar beginnen soll.
Zudem gibt es in Hauptquartier der Anti-IS-Koalition in Bagdad fünf deutsche Soldaten. Knapp 90 Bundeswehrleute sind im nordirakischen Kurdengebiet im Einsatz, um dort kurdische Kräfte auszubilden. Insgesamt zählt das deutsche Kontingent für den internationalen Einsatz gegen den IS derzeit 415 Männer und Frauen. Geführt wird es aus Jordanien.
Die Grünen fordern unterdessen einen vorläufigen Stopp der Bundeswehr-Aktivität in Irak. Dass der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden in dem Zweistromland getötet worden sei, sei eine »rapide Rutschbahn in eine größere militärische Eskalation«, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, am Freitag. Die Bundesregierung müsse nun »alle Mechanismen der Krisendiplomatie« einsetzen. »Zudem muss die Bundeswehr-Mission im Irak sofort ausgesetzt werden, bis klar ist, wie die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten gewährleistet werden kann.«
Auch grundsätzlich stelle sich die Frage, wie sich die Bundesregierung unter diesen Bedingungen die weitere Präsenz der Bundeswehr vor Ort vorstelle, sagte Nouripour. »Vor dem Hintergrund der massiven Änderungen des politischen Umfelds ist die Wirksamkeit dieses Einsatzes nicht mehr darstellbar.«
Soleimani sei das Gesicht der Politik Teherans in der Region gewesen, sagte Nouripour. »Sein Tod wird von der iranischen Seite als Gesichtsverlust und als amerikanische Kriegserklärung verstanden werden.« Die Rhetorik der Vergeltung durch den iranischen Revolutionsführer Chamenei sei »todernst« zu nehmen. »Iranische Militärs und ihre Verbündeten sind an vielen Orten nahe genug an westlichen Streitkräften, um ihnen schaden zu können«, warnte der Grünen-Abgeordnete.
Es räche sich nun, dass Heiko Maas seit dem Rückzug der Amerikaner aus dem Atomabkommen mit dem Iran »nur blutleere Rhetorik statt substanzieller Maßnahmen abgeliefert« habe, sagte Nouripour weiter. Das stelle nun die Glaubwürdigkeit der Wirksamkeit Europas sowohl in Washington als auch in Teheran in Frage.
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Soleimani, der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, war am Donnerstag bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet worden. Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, der Angriff sei auf Anweisung von Präsident Donald Trump erfolgt, um weitere Angriffe auf US-Einsatzkräfte und Diplomaten zu verhindern. Der Iran kündigte Vergeltung an. dpa/nd
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