Werbung

Künstlerkollektiv protestiert mit Entwendung von Heiligen Königen

Die Aktion soll auf die katastrophale humanitäre Lage von Flüchtlingen aufmerksam machen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Vor dem Dreikönigstag am 6. Januar hat ein Künstlerkollektiv aus Protest gegen die EU-Flüchtlingspolitik in mehreren deutschen Kirchen zwei der Heiligen Drei Könige von den dortigen Weihnachtskrippen entwendet. Betroffen seien Kirchen in Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Frankfurt, Freiburg, Köln und Münster, wie das Künstlerkollektiv »Ausgegrenzt« am Samstag mitteilte. »Mit der Aktion wollen wir auf die gravierende humanitäre Notlage in den Flüchtlingslagern an den europäischen Außengrenzen aufmerksam machen«, sagte ein Sprecher der Gruppe dem Evangelischen Pressedienst. Auch gehe es um die »menschenunwürdige Unterbringung« von Flüchtlingen in Ankerzentren in Deutschland.

Allein in Münster wurden laut dem Sprecher aus acht Kirchen die Königsfiguren entfernt, darunter aus der St. Clemens-, St. Michael- und St. Mauritzkirche. In Köln sind von der Aktion die Weihnachtskrippen der Kirchen Christi Auferstehung, St. Pankratius und des Jugendpastoralen Zentrums Crux betroffen, in Darmstadt unter anderem die Heilig Geist Gemeinde. In Berlin fehlen die Könige derzeit in der Kapelle der Versöhnung auf dem früheren Mauerstreifen, wie die Gemeinde mitteilte. In hinterlassenen Schreiben sichern die Aktivisten den Gemeinden zu, die Krippenfiguren sorgsam zu verwahren und in den nächsten Tagen unbeschadet wieder auszuhändigen. Die Aktion solle »aufrütteln und das Thema Lagerunterbringung neu in die gesellschaftliche Diskussion einbringen«.

Die EU-Abschottungspolitik habe verhindert, dass die beiden Könige das neugeborene Flüchtlingskind Jesus von Nazareth begrüßen können, heißt es in dem Schreiben weiter. Ein König sitze im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos fest. Die Situation dort sei eine humanitäre Katastrophe, die Menschen hungerten und seien kaum vor Kälte und Regen geschützt. Ein weiterer König werde im Ankerzentrum im bayerischen Deggendorf festgehalten. Sein Ersuchen, den Messias mit Geschenken zu begrüßen, werde »als offensichtlich unbegründet abgelehnt«. Zur effektiveren Durchsetzung seiner Abschiebung dürfe er den Landkreis nicht verlassen, heißt es. Eine weitere Königsfigur sei außerdem von der Seawatch-Crew an Bord genommen worden, twitterte das Künstlerkollektiv am Sonntag.

Die Berliner Evangelische Versöhnungsgemeinde äußerte Verständnis für die Aktion. Entdeckt worden sei das Fehlen der beiden Könige am Samstag bei einer Andacht im Gedenken an die umgekommenen Geflüchteten an den Grenzen Europas, wie der Pfarrer der Gemeinde, Lukas Pellio, mitteilte.

Abschottung und Lagerunterbringung widerspreche dem christlichen Glauben grundsätzlich. »Wir setzen dagegen auf alltägliche Solidarität, praktische Unterstützung und Kirchenasyl, wo es nötig ist«, sagte der Pfarrer, der Vorstand bei Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg ist. Die Gemeinde lade das Künstlerkollektiv deshalb am Montag dazu ein, mit am Drei Königs Gottesdienst teilzunehmen und sich darüber auszutauschen. Am Dreikönigstag feiern die Christen weltweit die Ankunft der Heiligen Drei Könige bei dem Jesuskind im Stall von Bethlehem. epd/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -