Einsatz ohne Rechtsgrundlage

Trotz Beschluss des irakischen Parlaments bleiben viele Bundeswehrsoldaten vorerst im Land

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Bundeswehreinsatz in Irak ist trotz Truppenverlegungen noch nicht vollständig beendet worden. Wegen der unsicheren Lage in dem Land wurden 32 im zentralirakischen Tadschi stationierte Soldaten nach Jordanien geflogen. Drei Soldaten, die sich in Bagdad aufhielten, wurden zusammen mit Militärangehörigen anderer Nationen nach Kuwait gebracht. Die Mission zur Beratung des irakischen Militärs wurde ausgesetzt. Nach Angaben der Bundeswehr könnten die ausgeflogenen Soldaten jedoch »jederzeit« zurückverlegt werden, wenn die Ausbildungsmission in Irak wieder aufgenommen werden sollte.

Im kurdischen Erbil verbleiben hingegen zunächst 117 Bundeswehrsoldaten. Wie es nun weitergeht, ist völlig unklar. Nachdem die USA den iranischen General Qassem Soleimani sowie den irakischen Milizenführer Abu Mehdi al-Muhandis am Freitag nahe Bagdad durch einen Drohnenangriff getötet haben, hat sich die Sicherheitslage in Irak deutlich verschlechtert. Am Wochenende verlangte das irakische Parlament einen Abzug aller ausländischen Truppen.

Trotzdem wollen zumindest Politiker der Union, dass die Bundeswehr vor Ort bleibt. Fraktionsvize Johann Wadephul teilte dem Inforadio von RBB mit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kürzlich mit dem irakischen Ministerpräsidenten Adel Abdel Mahdi »ausführlich« über die Truppenpräsenz gesprochen habe. Dabei sei klar geworden, »dass das, was es in Irak derzeit an Meinungsbildung gibt, sich vor allem gegen die USA richtet«, sagte der CDU-Politiker.

Ein Regierungssprecher in Berlin bestätigte zumindest, dass das Gespräch stattgefunden hat. Die endgültige Entscheidung der irakischen Regierung zur Truppenpräsenz steht aber noch aus.

Trügerische Freude
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Die Bundeswehr beteiligt sich mit insgesamt mehr als 400 Soldaten an dem internationalen Anti-IS-Einsatz. Von Jordanien aus wird der Aufklärungseinsatz mit Tornados und Tankflugzeugen mit derzeit knapp 280 Soldaten geführt. Die Terrormiliz Islamischer Staat ist zwar militärisch besiegt, allerdings sind einige Kämpfer in den Untergrund gegangen. Neben Politikern der Union suchen auch einige Sozialdemokraten nach Gründen, warum deutsche Soldaten in der Region bleiben sollten. Wenn die internationalen Truppen abzögen, könne das dem Islamischen Staat die Möglichkeit bieten, wieder zu erstarken, sagte kürzlich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD).

Der Bundestag hatte nach den Anschlägen in Paris vom 13. November 2015 beschlossen, Frankreich sowie die internationale Koalition gegen den Islamischen Staat auch militärisch zu unterstützen. Im Mandat wurden die Aufklärungsflüge über Irak und Syrien festgelegt.

Der Militäreinsatz war von Anfang an völkerrechtlich zumindest fragwürdig. Denn es liegt bis heute kein Mandat der Vereinten Nationen vor, das eindeutig den Einsatz militärischer Gewalt vorsieht. Die Bundesregierung bezog sich lediglich auf einige Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, in denen unter anderem festgestellt wurde, dass vom IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und für die internationale Sicherheit ausgehe. Der Sicherheitsrat hatte auch dazu aufgerufen, terroristische Handlungen zu verhüten und zu unterbinden. Zudem verwies die Bundesregierung auf das kollektive Selbstverteidigungsrecht gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen.

AfD, Linksfraktion, FDP und Grüne hatten kürzlich im Bundestag gegen die Mandatsverlängerung gestimmt. Auch in der SPD-Fraktion gibt es einige Gegner des Militäreinsatzes. Zehn sozialdemokratische Abgeordnete votierten im Oktober gegen den Einsatz, drei enthielten sich.

Nun sehen die Kritiker nach der Entscheidung des irakischen Parlaments keinerlei rechtliche Grundlage mehr für das Engagement deutscher Soldaten. »Die Bundeswehr muss aus der Region komplett abgezogen werden. Bei Missachtung der Entscheidung des irakischen Parlaments droht die Wahrnehmung der Bundeswehr als Besatzungstruppe in Irak«, warnte die LINKE-Abgeordnete Sevim Dagdelen. Darüber hinaus machte sie sich Sorgen um die »Sicherheit der Soldaten vor Ort«.

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