Von nichts gewusst
AfD-Spendenaffäre: Parteichef Meuthen gibt sich naiv
Berlin. Im Prozess um fragwürdige Wahlkampfhilfe im Jahr 2016 hat sich AfD-Parteichef Jörg Meuthen auf seine damalige Unerfahrenheit berufen. Der Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg sei »hemdsärmelig« abgelaufen, »da gab es keine professionelle Organisation«, sagte der AfD-Vorsitzende am Donnerstag vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Auf die Frage der Richterin, ob ihm die von der Schweizer Goal AG erstellten großformatigen Plakate, die Flyer und Anzeigen denn nicht aufgefallen seien, antwortete Meuthen, er sei sehr beschäftigt gewesen und habe vieles nicht mitgekriegt.
Der Geschäftsführer der Goal AG, Alexander Segert, sei für ihn ein guter Bekannter gewesen, sagte Meuthen. Er habe sich damals gedacht: »Der Alexander hat da ein paar Plakate gemacht, nett vom Alexander.« Über die Kosten habe Meuthen sich keine Gedanken gemacht. Der Werbeprofi Segert ist Vizepräsident der rechtskonservativen Partei SVP in der Gemeinde Andelfingen.
Wie inzwischen bekannt ist, hatte die Goal AG 2016 Werbeaktionen für Spitzenkandidat Meuthen im Wert von 89 800 Euro organisiert. Die Bundestagsverwaltung wertet das als illegale Parteispende und hat eine Strafzahlung in dreifacher Höhe verhängt: 269 400 Euro. Dagegen wehrt sich die AfD. Die Bundestagsverwaltung monierte, dass die Wahlkampfhilfsaktionen nicht im Rechenschaftsbericht der Partei aufgeführt wurden.
Meuthen will erst im August 2018 erfahren haben, dass die Wahlkampfhilfe kein von Segert selbst finanzierter »Freundschaftsdienst« war. Sein Bekannter legte der AfD erst zu diesem Zeitpunkt auf Nachfrage eine Liste mit Namen von zehn angeblichen Geldgebern vor.
Wann genau das Urteil ergehen wird, ist noch offen. Theoretisch hat die Kammer nach der mündlichen Verhandlung zwei Wochen Zeit. Dass eine der beiden Parteien in Berufung geht, gilt als wahrscheinlich.
In einer weiteren Streitsache vor dem Verwaltungsgericht geht es um ähnliche Leistungen der Schweizer PR-Agentur für Guido Reil aus Nordrhein-Westfalen. Reil ist heute AfD-Europaabgeordneter.
Bei Chefin der Bundestagsfraktion, Alice Weidel, ist der Fall anders gelagert. Hier droht eine Strafzahlung von rund 396 000 Euro. Im Bundestagswahlkampf 2017 überwies eine Schweizer Pharmafirma in mehreren Tranchen etwa 132 000 Euro an Weidels Kreisverband am Bodensee. Das Geld wurde später zurückgeschickt. Die Firma will das Geld nur weitergeleitet haben. Eine Liste mit Spender-Namen wirft Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt in der Sache.
Die AfD hat wegen der Spenden-Problematik Rücklagen in Höhe von rund einer Million Euro gebildet. Die Finanzlage der rechtsradikalen Partei gilt aktuell als angespannt, aber nicht existenzgefährdend. dpa/nd
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