- Kommentare
- Sterbehilfe
Unwürdiges Hinhalten
Stefan Otto kritisiert, dass der Gesundheitsminister Todkranke allein lässt
Passive Sterbehilfe ist in Deutschland im Prinzip erlaubt. Menschen dürfen sich von ihrem Leid mit Medikamenten erlösen. Das entsprechende Gesetz aus dem Jahr 2015 verbietet nur die kommerzielle Sterbehilfe. Um Missbrauch zu verhindern, muss allerdings jeder Einzelfall geprüft werden. Genau das verwehrt aber der Gesundheitsminister mit einem behördeninternen Erlass. Anträge auf die Bereitstellung der Medikamente werden durchweg abgelehnt, offenbar aus zweifelhaften ideologischen Motiven: Der Staat solle nicht zur Suizidassistenz verpflichtet werden, heißt es zur Begründung.
Das Ministerium selbst gibt sich nach außen hin transparent, erklärt, es werde jeden einzelnen Fall prüfen. Was aber nicht stimmt. Anträge haben keine Chance, positiv beschieden zu werden. Dennoch wird an dem offiziellen Prüfverfahren festgehalten: Die schwer kranken Antragsteller werden dazu angehalten, medizinische Gutachten und Patientendaten einzureichen, die Anträge werden jedoch abgelehnt. Sie haben keine Chance, legal an die tödlichen Präparate zu kommen. Dieses Hinhalten ist unwürdig.
Möglicherweise wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar mehr Klarheit bringen, wie weit das Bereitstellen der Medikamente gehen darf. Palliativmediziner und Helfende sind nämlich seit vier Jahren verunsichert, ob sie sich strafbar machen, wenn sie die Mittel zur Verfügung stellen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.