Harmonie und Skepsis

Der »Phase-1-Deal« im Handelsstreit zwischen den USA und China regelt die kleineren Probleme

  • Fabian Kretschmer, Peking
  • Lesedauer: 4 Min.

Kurz vor der Unterzeichnung eines ersten Abkommens im Handelskonflikt zwischen den USA und China demonstrierte Washington ungewohnte Harmonie: Das US-Finanzministerium nahm am Montag offiziell den Vorwurf zurück, die Volksrepublik manipuliere gezielt seine Währung, um die negativen Effekte der US-Strafzölle auszugleichen. Geng Shuang, Sprecher des Pekinger Außenamtes, begrüßte die Entscheidung. Sie decke sich mit dem Konsens der internationalen Gemeinschaft. Der chinesische Yuan kletterte spontan auf den höchsten Wert seit gut einem halben Jahr.

Zumindest kurzfristig entspannt sich der seit rund zwei Jahren anhaltende Konflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. An diesem Mittwoch wird eine chinesische Delegation mit Vizeministerpräsident Liu He an der Spitze im Weißen Haus den »Phase-1-Deal« zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten unterzeichnen. US-Präsident Donald Trump bezeichnete das Abkommen bereits »als größten Handelsdeal aller Zeiten«. Chinas Staatschef Xi Jinping schraubt hingegen die Erwartungen auf ein realistisches Maß herunter. Und so lautet der Tenor aus Peking: Der »Phase-1-Deal« sei der bestmögliche Kompromiss zum jetzigen Zeitpunkt und eine Absicherung, dass sich die Beziehungen zwischen den Wirtschaftsmächten nicht noch weiter verschlechtern.

Bislang sind nur einige Eckpunkte des Abkommens bekannt: So wird Washington bis auf weiteres keine Strafzölle mehr auf chinesische Produkte verhängen. Im Dezember hatte Trump noch angekündigt, chinesische Importe im Wert von 156 Milliarden Dollar - darunter Smartphones und Spielzeug - mit Strafzöllen belegen zu wollen. Diese Pläne scheinen nun endgültig auf Eis gelegt. Zudem wird Washington seine Anfang September verhängten Zölle auf chinesische Exporte im Wert von 120 Milliarden Dollar von 15 auf 7,5 Prozent halbieren.

Peking hingegen verpflichtet sich dazu, mehr Produkte aus den Vereinigten Staaten zu kaufen, vor allem Agrargüter. Insgesamt soll es um Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar gehen, wobei solche Zahlen von der chinesischen Regierung aber nicht bestätigt wurden. Fakt ist: Seit Beginn des Handelsstreits vor zwei Jahren ist China vom zweitgrößten Markt für Agrarexporte aus den USA auf Platz fünf zurückgefallen.

Die großen Streitfragen werden allerdings im ersten Handelsabkommen noch nicht angegangen. Dabei geht es unter anderem um den Vorwurf der US-Regierung, die Chinesen verschafften ihren Staatsbetrieben durch massive Subventionen wirtschaftliche Vorteile und diskriminierten ausländische Investoren im Land. Ob ein »Phase-2-Deal«, der solche Punkte regelt, noch dieses Jahr zustande kommen wird, ist völlig unklar. Immerhin haben beide Seiten vereinbart, sich künftig im Halbjahrestakt zu Gesprächen über eine Beilegung von Streitigkeiten zu treffen.

Der Handelsstreit hat die chinesische Wirtschaft zweifelsohne geschädigt. Laut neuesten Daten sind die Exporte 2019 so langsam wie seit drei Jahren nicht mehr gewachsen. Das Plus betrug 0,5 Prozent - 2018 waren es noch knapp zehn Prozent. Das Wirtschaftswachstum insgesamt liegt derzeit bei rund sechs Prozent, dem niedrigsten Wert seit drei Jahrzehnten. Die optimistische Lesart lautet, dass dies nur die natürliche Abflachung einer Wirtschaft zeigt, die lange Zeit im zweistelligen Prozentbereich gewachsen ist.

Die Wirtschaft der USA ist sich selbst genug
Trotz aller Handelskonflikte brummt der Wirtschaftsmotor der Vereinigten Staaten dank der Binnenmarktorientierung. Doch auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt

In China zeigen sich die meisten Experten ob der Zukunft des Handelskonflikts hingegen pessimistisch. »Die Vereinigten Staaten werden ihre strikte Wirtschaftspolitik gegen China fortsetzen«, schreibt etwa Hu Xijin, Chefredakteur der parteitreuen Zeitung »Global Times«, auf seinem persönlichen Account im chinesischen Mikrobloggingdienst Weibo. »Der Handelskrieg hat einige unserer Schwächen offengelegt. Und dennoch haben wir realisiert, dass unsere Wirtschaft robuster ist als ursprünglich gedacht«, analysiert Hu, der mit seinen 20 Millionen Followern als einer der wichtigsten Meinungsmacher im Land gilt. Chinas Lehren sollten es sein, einerseits auf Marktöffnung zu setzen und sich andererseits nicht von anderen Ländern abhängig zu machen.

Auch die Rücknahme des Vorwurfs der Währungsmanipulation wird im chinesischen Netz eher mit Skepsis diskutiert. »Die Amerikaner sind es doch, die den Währungsmarkt manipulieren«, schreibt ein erboster Nutzer auf Weibo. Ein anderer kommentiert: »Lasst euch nicht täuschen - auch wenn die US-Regierung nun den Vorwurf der Währungsmanipulation zurücknimmt, kann sie in Zukunft noch viel schwerwiegendere Dinge gegen uns unternehmen.«

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