- Wirtschaft und Umwelt
- Proteste für eine Agrarwende
Alle getrennt gegen Agrarpolitik
Mehrere Bündnisse rufen zu Demonstrationen für die Zukunft der Landwirtschaft auf
Die Annäherung ist vorsichtig. Zwar sprechen die Initiator*innen der Bauernproteste von »Land schafft Verbindung - Deutschland« nicht mehr von Gegendemonstrationen, wenn sie am Freitag gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung protestieren. Einen Redebeitrag auf der am Samstag stattfindenden Demonstration des Bündnisses »Wir haben es satt«, das für eine nachhaltige Landwirtschaft auf die Straße geht, musste man aber »leider aus zeitlichen Gründen absagen«, sagte die Brandenburger Vertreterin Johanna Mandelkow am Mittwoch in Berlin. Allerdings werde umgekehrt ein Vertreter des Agrarbündnisses in Berlin bei »Land schafft Verbindung« sprechen.
In einem Punkt sind sich die verschiedenen Akteure der aktuellen Agrarproteste jedoch einig: Ob konventioneller oder ökologisch wirtschaftender Hof, ob Umweltgruppe oder Entwicklungsorganisation: das Abkommen der EU mit den Mercosur-Staaten lehnen sie - anders als Bundesagrarministerin Julia Klöckner - ab. Weitere Gemeinsamkeiten müssten erst noch gefunden werden, sagt Felix Prinz zu Löwenstein, Biobauer und Vorsitzender des Bundes für ökologische Lebensmittel. Dennoch plädiert er für Gespräche, um gemeinsame Vorschläge aus der Landwirtschaft zu entwickeln.
Während das Agrarbündnis »Wir haben es satt« seit zehn Jahren für eine umweltfreundliche Landwirtschaft protestiert, sorgt seit Ende vergangenen Jahres ein neues Protestbündnis für Furore. Entstanden in den sogenannten sozialen Medien, brachten die Initiator*innen von »Land schafft Verbindung« schnell bundesweit Tausende Trecker auf die Straßen - ganz analog und unübersehbar. Der Protest richtete sich gegen das Agrarpaket der Bundesregierung. Darin enthalten: die Umsetzung der EU-Düngeverordnung und ein Insektenschutzprogramm.
Doch schon Mitte Dezember kam es zum Bruch. Die Initiatorin Maike Schulz-Broers war laut Dirk Andresen, Sprecher von »Land schafft Verbindung - Deutschland«, nicht mehr zum Dialog bereit. Viel habe sich an ihrer Persönlichkeit festgemacht, auch wenn die Ziele ähnlich seien. »Wir schließen nicht aus, dass es später wieder zu Gesprächen kommt, momentan aber nicht.« Der Streit endete mit einem Namenskompromiss, seitdem gibt es zwei Organisationen, die einen nennen sich »Das Original«, die anderen verwenden den Anhang »Deutschland«. Wer im Namen der Organisation sprechen darf, war lange umstritten. Am Ende habe Schulz-Broers dem Kompromiss zugestimmt, nicht mehr im Namen der gesamten Organisation zu sprechen.
Dennoch hatte die Landwirtin aus Niedersachsen gemeinsam mit Mitstreitern für Dienstag zu Protesten aufgerufen, unter dem Namen »Land schafft Verbindung - Das Original«. Anfang Januar hatte das Bündnis die Bundesregierung aufgefordert, die geplante Düngerverordnung auszusetzen. Die Folgen für die Landwirtschaft wären »verheerend«. Stattdessen fordern sie eine »sach- und fachgerechte Düngeverordnung«, die in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft erarbeitet wird. Der Zuspruch jedoch blieb überschaubar.
Für Freitag hat »Land schafft Verbindung - Deutschland« aufgerufen, Kundgebungen in allen Bundesländern zu organisieren. Auch diese Proteste sollen sich gegen die geplante neue Düngeverordnung richten. Außerdem soll der Berufsstand möglichst geschlossen für faire Preise im Lebensmitteleinzelhandel eintreten. Neben Berlin soll auch in Bayern, Niedersachsen, Bremen und Hessen demonstriert werden. Die größte Kundgebung erwarten die Organisator*innen in Nürnberg, wo etwa 5000 Traktorfahrer*innen protestieren wollen.
Verbraucher sollen es richten
In der Agrarpolitik spitzt sich der Streit über den richtigen Weg zu fairen Preisen zu
Zahlreiche Landwirte äußerten in Kommentaren auf den Facebook-Seiten beider Bündnisse Unmut über die Spaltung und das öffentliche »schmutzige Wäsche waschen«. In Zeiten, in denen die Einigkeit der Bauernschaft wichtiger sei denn je, schade der Keil der öffentlichen Wirkung enorm. Das betonen auch beide Organisationen - man werde nicht gegeneinander arbeiten.
Entstanden war »Land schafft Verbindung« auch, weil viele Landwirte unzufrieden mit der Politik des Deutschen Bauernverbandes (DBV) waren. Doch auch hier gibt es eine Annäherung. So wurde die Organisation gemeinsam mit dem DBV von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beauftragt, ein Konzept für einen Zukunftsdialog zu erstellen. Es sei ein »konstruktiver Austausch«, so Andresen. Und versichert: Zu dem Zukunftsdialog werden alle eingeladen.
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