- Politik
- Libyenkonferenz
Pro Asyl fordert Evakuierung von Flüchtlingen in Libyen
Die Organisation kritisiert auch die Zusammenarbeit der EU mit der libyschen Küstenwache
Berlin. Vor der Libyen-Konferenz am Sonntag in Berlin hat die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl zu einer Evakuierung der in dem Bürgerkriegsland festsitzenden Flüchtlinge aufgerufen. »Das Schicksal der dort hilflos festsitzenden Schutzsuchenden darf nicht außer Acht bleiben«, forderte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Samstag. Er kritisierte auch die Zusammenarbeit der EU mit der »verbrecherisch handelnden libyschen Küstenwache«.
Lesen Sie auch: »Es ist seefräuische Pflicht, zu retten.« Stephanie Lehmann ist Schauspielerin und Sängerin. Gerade hält sie Bordwache auf der »Eleonore« von der Seenotrettungsorganisation Mission Lifeline auf Sizilien.
»Schutzsuchende müssen umgehend aus Libyen evakuiert werden, die EU muss hierfür genügend Resettlement-Plätze bereitstellen«, verlangte Burkhardt. Zehntausende Menschen, vorwiegend aus afrikanischen, aber auch aus arabischen Ländern, sitzen in Libyen fest. Viele von ihnen sind in libyschen Haftlagern schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, auch durch libysche Sicherheitskräfte oder mit ihnen zusammenarbeitende Milizen.
»In den libyschen Haftlagern kommt es zu Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigungen. Um mit ihnen noch mehr Geld zu verdienen, werden Schutzsuchende von Milizen vollkommen entrechtet«, kritisierte Burkhardt. Dies sei bereits 2018 auch in einem Sicherheitsbericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes über Libyen festgehalten worden. Er verwies auf die Erschießung eines Sudanesen im September 2019 durch Angehörige der Küstenwache vor den Augen von UN-Mitarbeitern. Die Küstenwache wird von EU-Staaten ausgerüstet und ausgebildet, auch von Deutschland.
Die Milizen und das Mittelmeer. Im libyschen Bürgerkrieg geht es um Macht und Milliarden, nun will auch die Türkei mit Bodentruppen mitmischen.
Zudem bestehe in dem Bürgerkrieg für Flüchtlinge ständig die Gefahr, zwischen die Fronten zu geraten, mahnte Pro Asyl. So seien im Juli 2019 bei einem Luftangriff auf Tripolis 35 Schutzsuchende in einem Lager im Vorort Tadschura getötet worden.
Insgesamt gab Pro Asyl die Zahl der Schutzsuchenden in Libyen mit etwa 125.000 an. Davon seien 48.122 Menschen bisher vom UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) registriert worden. Lediglich etwa 4000 Menschen seien bisher aus Libyen in Durchgangslager vorwiegend im Niger gebracht worden, einige auch nach Italien oder Rumänien. Von den 2913 Evakuierten im Niger warteten mit Stand Oktober 2019 wiederum noch 1096 Menschen auf ihre Umsiedlung in europäische Aufnahmeländer.
Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie weitere hochrangige Regierungsvertreter kommen am Sonntag in Berlin zusammen. Ziel ist es, ein Ende der Kampfhandlungen im libyschen Bürgerkrieg zu erreichen. Agenturen/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!