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Mit aller Gewissheit aufs Podest
In der Klassiker-Abfahrt von Wengen wird Thomas Dreßen Dritter
Thomas Dreßen wusste, was er tat. Oder besser warum er etwas nicht tat. Während Zimmerkollege Manuel Schmid seine Tasche am Abend vor dem großen Lauberhornrennen packte, um die Abreise nach der Rückkehr vom Berg zu beschleunigen, hielt sich Dreßen zurück. Er habe es nicht eilig, ließ er wissen, er müsse ja nach der Abfahrt ja sowieso noch zur Siegerehrung am Abend. 24 Stunden später stand Dreßen tatsächlich auf der Bühne im »Weltcup-Dörfli« Wengen, und nicht neben dem Podest wie 2018 als Fünfter, sondern darauf. Zusammen mit dem Schweizer Beat Feuz, der bereits zum dritten Mal am Lauberhorn gewann, und Dominik Paris. Der Südtiroler war am Nachmittag zwei Hundertstelsekunden schneller als Dreßen gewesen.
Es nicht überliefert, was Schmid, der als 13. am Samstag sein bestes Weltcupresultat schaffte, von der Ankündigung seines Mannschaftskollegen hielt. Auf jeden Fall war sie sehr mutig nach den beiden Tagen zuvor, »denn da waren doch ein paar Hoppalas«, fand Cheftrainer Christian Schwaiger. Ein Sturz im Training nach der Ziellinie, ein verkorkstes Ziel-S in der Kombinationsabfahrt - die Zuversicht hatte sich in Grenzen gehalten. Aber herausragende Abfahrer können sich eben gut einschätzen. Der 26-Jährige aus Mittenwald hatte alles im Griff. »Thomas ist jemand, der gut kalkuliert«, sagt Schwaiger. »Er ist keiner, der sich runterstürzt, ohne zu überlegen«, sondern mit einer klaren Strategie in ein Rennwochenende geht. Dazu gehört Training etwas zu probieren, von dem man nicht weiß, ob es funktioniert. Bei der Kombinationsabfahrt versuchte er es im Schlussteil mit einer frechen Linie und wäre beinahe gestürzt, weil ich er wie zugab nicht »richtig über dem Ski stand«. Einen Tag später war er der der Schnellste in diesem Abschnitt. »Der Unterschied war, dass ich dieses Mal meinen fetten Arsch nach vorne bewegt habe«, stellte Dreßen unverblümt fest. Er lege sich mit den Trainern einen Plan zurecht, sagt er, »den ich dann im Rennen umsetze«, sagt Dreßen. Das klappt ganz gut, meistens jedenfalls.
Es ist kein Zufall, dass auf dieser Strecke mit vielen technischen Schwierigkeiten jene drei Läufer ganz vorne lagen, die in dieser Saison bereits mindestens einen Abfahrtssieg geschafft haben. Dreßen gewann in Lake Louise, Paris die beiden Rennen in Bormio und Feuz in Beaver Creek. Allerdings mag Schwaiger seinen Athleten noch nicht auf eine Stufe der ein paar Jahre älteren Feuz (32) und Paris (30) heben. »Die beiden sind jedes Wochenende fähig zu gewinnen«, sagt der Cheftrainer. »Aber ich habe im Moment nicht das Gefühl, dass Thomas jede Woche dazu fähig ist. Er hat zwar den Speed, aber bei gewisse Abfahrten braucht er noch die Routine.« Geschuldet sei dies aber auch der einjährigen Zwangspause im vergangenen Winter. »Ich bin überzeugt, dass er schon so weit wäre, hätte er sich nicht verletzt.«
Vielleicht fehlt Dreßen an manchen Tagen noch das, was der Schweizer Skiverbandspräsident Urs Lehmann als »Urvertrauen« bezeichnete. Das hätte sein Athlet einfach, sagt er im Zielraum von Wengen. »Wenn man schon vier-, fünf-, sechsmal an einem Ort war, muss man sich nur noch über das Rennen Gedanken machen«, erzählte Feuz in diesen Tagen der »Neuen Züricher Zeitung«. Routine helfe Energie zu sparen, findet er. Der Weltmeister von 2017 stand in den vergangen 18 Weltcupabfahrten nur zweimal nicht auf dem Podest. So eine Konstanz, sagte Urs Lehmann, »habe ich noch gar nie gesehen«.
Paris ist im Gegensatz zu Feuz kein Spezialist für die Lauberhorn-Abfahrt, sondern vor allem für schwierige Pisten, auf denen man sich überwinden muss. »Vielleicht weil ich in der Lage bin, diese Pisten zu lesen und irgendwie zu verstehen«, hat er einmal in der »Kronenzeitung« erklärt. Feuz hingegen kämpft eher mit Pisten, die brachial zu fahren sind wie Bormio oder Kitzbühel. Auf der Streif hat der Schweizer noch nie gewonnen, war allerdings schon dreimal Zweiter. Dreßen kann beides, wenngleich nicht an jedem Renntag.
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