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»Wütend und fassungslos«
In Nordrhein-Westfalen formiert sich neuer Widerstand gegen die Kohle
Ruhe bringt der Kohlekompromiss der Bundesregierung nicht in die umstrittenen Kohleabbauregionen von Nordrhein-Westfalen. Der Hambacher Forst soll erhalten werden, doch wie das genau aussieht, darüber herrscht Ungewissheit. Die Dörfer am Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler, sie sollen dem Kohleloch weichen. Und in Datteln im nördlichen Ruhrgebiet soll im Sommer ein Steinkohlekraftwerk ans Netz gehen. Widerstand gegen die aktuellen Pläne gibt es überall.
Wie der Konflikt zwischen Kohlegegnern und Kohleindustrie aussieht, das ist in Datteln am einfachsten zu erklären. Seit Jahren entsteht dort ein neues Kohlekraftwerk, zahlreiche juristische Auseinandersetzungen wurden um den Kraftwerksbau geführt. Der Umweltverband BUND führt noch immer einen Prozess gegen das Kraftwerk. Die nordrhein-westfälische Landesregierung preist es als besonders umweltfreundlich, weil es verhältnismäßig wenig CO2 ausstoße. Kraftwerkskritiker hingegen bemängeln, dass keine alten Kraftwerke für Datteln vom Netz gehen und dass dort, wegen alter Verträge, mit hoher Kapazität Strom produziert werden soll. Ein »fatales Zeichen für die Energiewende«, wie die Kritiker vom BUND sagen. Datteln könnte zum neuen Hambacher Forst werden, wenn das Kraftwerk wirklich ans Netz gehe, warnen sie. Für das linksradikale Bündnis »Ende Gelände« ist das eher ein Versprechen. Sie kündigen an, die Inbetriebnahme des Kraftwerks verhindern zu wollen. Das könnte schwierig werden, Datteln liegt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. Die Verkehrsanbindung ist schlecht, und mit radikalem Anti-Kohle-Protest wollen viele Anwohner nichts zu tun haben. Eine »Fridays for Future«-Demo am Kraftwerk stieß Ende November nur auf geringe Resonanz. Am Freitag will die Schülerbewegung für Klimaschutz wieder vor dem Kraftwerksbau protestieren.
Protest gibt es auch in den sechs Dörfern am Rand des Tagebaus Garzweiler. Dort sollen bis zu 1500 Menschen für das Kohleloch umgesiedelt werden. Im Bündnis »Alle Dörfer bleiben« haben sich Dorfbewohner vereinigt, die ihr Zuhause nicht für die Kohlegewinnung aufgeben wollen. Sie kritisieren den Berliner Kompromiss scharf. »Ich bin wütend und fassungslos, dieses Ergebnis ist eine Katastrophe für uns Menschen in den Dörfern«, so Britta Kox aus dem bedrohten Dorf Berverath. »Uns wurde vor einem Jahr von Ministerpräsident Laschet persönlich ein Dialog versprochen, wir haben nie wieder ein Wort gehört. Das Gesetz wurde auf Bundesebene mit den Konzernen ausgehandelt, die Betroffenen wurden wieder komplett ignoriert.« Doch gemeinsam mit der Klimabewegung plant man auch dort die nächsten Protestveranstaltungen. Kampflos aufgeben will man nicht. Mehrere Dorfbewohner haben sich außerdem zusammengeschlossen und ein Grundstück am Tagebaurand erworben. Wenn RWE das haben möchte, muss der Konzern den juristischen Weg durch alle Instanzen gehen.
Am Tagebau Hambach könnte RWE ein Grundstück des BUND im Weg stehen. Dirk Jansen, BUND-Geschäftsführer in NRW, ist sich sicher, dass eine Enteignung schwierig werden würde. RWE brauche die Erde unter dem Grundstück nur noch als Abraum, um Böschungen zu stabilisieren. Im Gegensatz zum früheren Argument der Energiegewinnung reicht dies aus Jansens Sicht nicht für eine Enteignung aus.
Nachdem es am Wochenende viel Wirbel um eine Karte in Lokalmedien gab, die den Hambacher Forst in einer Insellage inmitten des Tagebaus zeigte, wurde dies am Montag von RWE dementiert. Eine Insellösung sei nicht vorgesehen, verkündete der Konzern auf Twitter. Dies bestätigte eine von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart vorgelegte Skizze, die zeigt, dass der Bereich südlich des Hambacher Forstes erhalten bleibt.
Für Dirk Jansen ist das allerdings kein Grund zur Freude. Der Umweltschützer warnt, auch so stehe der Wald in einer »verinselten Lage«. Kontakte zu anderen Naturgebieten würden abreißen. Bis sich die Zukunft des Hambacher Forstes wirklich entscheidet, wird es noch dauern. Das Land plant eine neue Leitentscheidung zur Braunkohle, danach muss RWE seine genauen Pläne dem Braunkohleausschuss und der Bezirksregierung vorlegen. Allein der letzte Schritt dauere 6 bis 12 Monate, wie ein Mitarbeiter der Bezirksregierung erklärt - komplette Planungsunterlagen vorausgesetzt. Widersprüche können den Zeitrahmen noch verlängern.
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