Auch Grüne stimmen für Koalitionsvertrag

Zwei von drei rot-rot-grünen Bündnispartner haben in Thüringen nun auch den Weg formalen Weg dafür freigemacht, die Koalition fortzusetzen

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die einen hatten es auf offener Bühne getan, die anderen taten es im Geheimen: Wie auch die Thüringer SPD haben am Samstag auch die Landes-Grünen für den Eintritt in eine rot-rot-grüne Minderheitskoaliton gestimmt, die wiederum eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung ins Amt heben soll. Etwa 85 Prozent der 109 Delegierten eines Grüne-Parteitages in Apolda stimmten für die Fortsetzung der Koalition, die nun allerdings unter anderen politischen Vorzeichen wird arbeiten müssen als die rot-rot-grüne Koalition in der vergangenen Legislaturperiode. Rot-Rot-Grün hat im Parlament keine Mehrheit mehr.

Euphorisch allerdings gehen die Grünen nicht in dieses Bündnis, besonders nicht wegen der Einigung der rot-rot-grünen Spitzen auf die Verteilung der Ministerien in einer zukünftigen Landesregierung.

Grüne wählen neue Doppelspitze

Die Thüringer Grünen haben eine neue Parteiführung. Auf ihrem Parteitag in Apolda wählten die Delegierten am Samstag die 26-jährige Politikwissenschaftlerin Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt sowie den 56-jährigen Schauspieler Bernhard Stengele als Landessprecher.

Die bisherigen Landessprecher Stephanie Erben und Denis Peisker waren unter dem Eindruck des schlechten Abschneidens der Grünen bei der Landtagswahl im Oktober nicht erneut als Kandidaten für die Parteispitze angetreten.

Bohm-Eisenbrandt – die als Leiterin des Wahlkreisbüros des Grüne-Fraktionsvorsitzenden Dirk Adams arbeitet – war ohne Gegenkandidatin angetreten. Sie  hatte etwa 75 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten. Stengele hatte sich in einer Kampfkandidatur gegen die ehemalige Sprecherin der Grünen Jugend Thüringen, Laura Wahl, durchgesetzt. Er erhielt 58 Stimmen, Wahl 50. sh

Die SPD hatte sich am Freitagabend für die Fortsetzung der Koalition ausgesprochen. Auf einem Parteitag in Erfurt hatten die Delegierten eines sozialdemokratischen Parteitag mit großer Mehrheit für einen Eintritt der Partei in ein neues rot-rot-grünes Bündnis gestimmt. Die Abstimmung war offen erfolgt, eine große Mehrheit der Delegierten hielt ihre Karten nach oben, als über diese Frage abzustimmen war. Es gab nur einzelne Gegenstimmen oder Enthaltung. Genau ausgezählt wurden sie nicht.

Anders bei den Grünen: Auf Antrag einer Teilnehmerin des Parteitages stimmten die Delegierten geheim über einen Eintritt in die Koalition ab. Das Argument der Frau: Sie habe von Grünen so viele Vorbehalte gegen den Koalitionsvertrag und die verhandelte Ressortverteilung gehört, dass sie glaube, nur wenn jeder Delegierter seine Stimme unbeobachtet abgeben könne, werde das Ergebnis der Abstimmung ein ehrliches sein. Diesem Argument schlossen sich so viele Delegierte an, dass aus der eigentlich geplanten offenen Abstimmung ein geheimes Votum wurde.

In der Debatte vor der Abstimmung erklärten mehrere Redner zwar immer wieder, der aktuelle Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün trage eine deutliche Grüne-Handschrift. Vor allem in der Verkehrspolitik hätten die Grünen viele Forderungen aus ihrem Wahlprogramm in den Koalitionsvertrag hinüber tragen können – wie etwa den Plan, ein thüringenweit gültiges Ticket für den öffentlichen Nahverkehr einzuführen, das einen Euro pro Tag kosten soll.

Allerdings gab es deutliche Kritik dafür, dass die Grünen bei den Verhandlungen über die Verteilung der Ministerien auf die Verantwortung für die Migrationspolitik verzichtet haben. Sie soll vom Grüne-geführten Justizministerium ins LINKE-geführte Sozialministerium wandern. »Meine Ansicht ist, dass wir in den Verhandlungen über die Ministerien völlig ohne Not die Verantwortung für die Migration abgegeben haben«, sagte zum Beispiel die Migrationsbeauftragte des Landes Mirjam Kruppa, die auch Grüne-Mitglied ist.

Zwar würden auch die LINKEN eine verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik machen. Dennoch sei sie »traurig«, dass die Grünen dieses Politikfeld abgegeben hätten. Die Grüne-Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich äußerte sich ähnlich. Der Verzicht auf die Verantwortung für die Migrationspolitik schwäche die Grünen, das sei ein strategischer Fehler. Auch sie zeigte sich immerhin erleichtert darüber, dass die Verantwortung dafür nun bei den Linke liege, die damit humanitär angemessen umgehen würden. »Bei der SPD wäre ich mir da zugegebenermaßen nicht so sicher«, sagte Rothe-Beinlich.

Die LINKEN befragen derzeit ihre Mitglieder dazu, ob sie den Koalitionsvertrag annehmen wollen.

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