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Aids soll bis 2030 Geschichte sein
Präventions- und Beratungszentrum Checkpoint BLN am Hermannplatz eröffnet
»Wenn ich sage, wir wollen Aids in Berlin beenden, dann meine ich das sehr ernst. Wir alle hier meinen das sehr ernst.« Mit entschlossenen Worten eröffnet Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montagvormittag das Beratungszentrum Checkpoint BLN. »Bei so einem internationalen Thema wie Aids spielen Metropolen wie Berlin eine große Rolle«, erklärt Kalayci. Berlin hat sich deshalb 2016 als bislang einzige Stadt in Deutschland der weltweiten Initiative »Fast-Track Cities Initiative To End Aids« angeschlossen. Deutsch heißt das in etwa: Städte, die Aids beschleunigt beenden. Bis zum Jahr 2030 wollen diese Städte dafür sorgen, dass die Aids-Epidemie auf ihrem Territorium vorüber ist.
Um dieses Ziel zu erreichen, gilt die Formel 95-95-95-0. Damit ist gemeint, dass in zehn Jahren 95 Prozent der HIV-Infizierten von ihrer Infektion wissen und 95 Prozent davon in Behandlung sein sollen. Durch die Therapie soll es wiederum 95 Prozent von ihnen gelingen, das Virus vollständig zurückzudrängen. So würde das Virus schließlich nicht mehr weitergegeben werden. Ohne Behandlung führt HIV zu Aids und anderen schweren Krankheiten. Grundsätzlich nimmt die Zahl der HIV-Infektionen in Berlin ab. Im Jahr 2018 gab es 320 Neuinfektionen. Für die Bekämpfung von Aids und anderen sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten gibt Berlin pro Jahr mehr als fünf Millionen Euro aus. 1,3 Millionen Euro wurden für die Einrichtung des Checkpoints zur Verfügung gestellt.
»Wir wollen Menschen Mut machen, solche Einrichtungen für sich zu nutzen und sich auf HIV testen zu lassen«, sagt Kalayci. Erst wer sich testen lasse, wisse um die Infektion und könne sich direkt in die Beratung und Behandlung begeben. All dies ist im Checkpoint möglich - montags bis freitags von 14 bis 20 Uhr. Um zu zeigen, wie unkompliziert ein Schnelltest verläuft, lässt sich die Senatorin vor Ort selbst auf HIV testen. Die Diskriminierung und die Stigmatisierung von Menschen mit HIV müsse beendet werden, sagt die Senatorin. Sie plant mit 150 000 Euro eine große Kampagne.
Kalayci, die sich beharrlich für das Projekt eingesetzt hat, erhält viel Applaus von den weit mehr als 100 Menschen, die im dritten Obergeschoss des großen Eckgebäudes am Übergang von der Hermannstraße zum Hermannplatz zusammengekommen sind. Sie blicken durch die großen Fenster auf das Herz der Gegend, den Hermannplatz, hinunter. Den meisten ist die Freude über die Eröffnung anzumerken, auf die viele Vereine mehrere Jahre gewartet haben.
Bei der Umsetzung des Projekts sei es gelungen, viele Akteure an einen Tisch zu bekommen, sagt Marcel de Groot, Geschäftsführer der Berliner Schwulenberatung. »Die Kooperationen, die sonst immer sehr schwierig sind, sind hier gelungen.« Zusammengetan haben sich unter anderem die Berliner Aids-Hilfe, die Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (dagnä), die Schwulenberatung und das Auguste-Viktoria-Klinikum, unterstützt von kleineren Vereinen wie Fixpunkt oder »Hilfe für Jungs«. Er sei sehr froh, so Marcel de Groot, dass die Zeit kleiner, oftmals »schmuddeliger« Beratungsräume vorbei sei. Es ist ein heller, durchweg freundlicher Ort geworden. Die Gestaltung, meint Stefan Zschage, mache es vielen Menschen, die zur Beratung kommen, leicht, sich wohlzufühlen. Zschage arbeitet seit April als Berater in den zwei zuvor gemieteten Räumen, die jetzt durch den Umbau der ganzen Etage erweitert wurden. Er lobt die enge Verzahnung verschiedener Beratungsangebote, was die alltägliche Arbeit sehr erleichtere. »Es sieht zwar ein wenig aus wie ein Designerbrillen-Laden«, lacht der junge Mann, habe aber nichts Klinisches oder Steriles. »Unkompliziert, offen und nah an der Szene«, wie es auf der neuen Webseite heißt, wird am Hermannplatz mit hohem Einsatz für das Ende einer tödlichen Krankheit gekämpft.
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