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Hostel inmitten der Weltpolitik
Die deutsche Regierung hat nicht den Hauch einer Idee, wie mit Nordkorea umzugehen ist
Das »City Hostel« in Berlin war für Touristen nicht nur wegen seiner niedrigen Preise interessant, sondern weil es auf dem Gelände der Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Korea liegt.
Den Betreibern wurde jedoch bereits 2018 vom Bezirksamt Berlin-Mitte untersagt, das Billighotel zu führen. Dagegen klagten die Betreiber - erfolglos. Das Handeln des Bezirksamts sei rechtens, entschied das zuständige Berliner Verwaltungsgericht vergangene Woche und berief sich dabei auf weltpolitische Gründe.
Seit 2017 verbietet eine EU-Verordnung, gestützt auf UN-Sanktionen, Immobiliengeschäfte mit Nordkorea. So soll erreicht werden, dass das dortige Regime keine Devisen einnimmt, die es in sein Atomwaffenprogramm stecken kann. Gegen das Urteil kann - so das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg willig - Berufung eingelegt werden.
Die Aussichten auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und der asiatischen Volksrepublik sind jedoch nicht rosig. Das sah vor ein paar Jahren noch anders aus. Da standen weltpolitisch gesehen die Signale noch eher auf Grün für eine Verständigung zwischen Nord- und Südkorea sowie zwischen Pjöngjang und Washington. Aber spätestens seit dem ergebnislosen Hanoi-Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump und Kim Jong-un vor knapp einem Jahr sieht es nicht nach Entspannung der Beziehungen Nordkoreas mit anderen Ländern aus.
Da Deutschland derzeit dem UN-Sicherheitsrat angehört und den Vorsitz im UN-Sanktionsausschuss zu Nordkorea innehat, erkundigte sich der Außenexperte der Linksfraktion, Stefan Liebich, welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht, um wieder Fahrt in Richtung Verständigung aufzunehmen. Die Antwort ist ernüchternd: »Im Rahmen bestehender Gesprächskanäle« versuche man, Nordkorea zu einer Rückkehr zu Gesprächen mit Südkorea und den USA zu bewegen.
Man fordere das Land immer wieder zur Einhaltung seiner internationalen Verpflichtungen auf. Doch Nordkorea verstoße unter anderem durch zahlreiche Tests ballistischer Raketen gegen das Völkerrecht. Natürlich unterstütze man die fortgesetzte Verhandlungsbereitschaft Washingtons und sehe die Verantwortung für den Stillstand eindeutig bei Nordkorea. Dennoch, so die Bundesregierung, bleibe Deutschland durch die Unterstützung verschiedener Organisationen aktiv im Bereich der humanitären Hilfe. Die Deutsche Welthungerhilfe bekomme in diesem Jahr 339 000 Euro, um die Ernährung der ländlichen Bevölkerung in den Provinzen Nord- und Süd-Pyongyan sichern zu helfen. Auch der Deutsche Caritasverband, der sich um Ernährung und medizinische Hilfen für sozial schwache Bevölkerungsgruppen kümmere, wird 2020 mit 252 092 Euro unterstützt.
Das Rote Kreuz erhalte 317 000 Euro für gemeindebasierte humanitäre Katastrophenvorsorge in drei Landkreisen Nordkoreas. Zudem unterstütze das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung politische Stiftungen und kirchliche Träger, die sich in und für Nordkorea engagieren.
Liebich glaubt, »dass Deutschland auch eine Rolle als Vermittler spielen könnte«. Er erinnert an die Erfahrungen mit der von Willy Brandt und Egon Bahr während des Kalten Krieges in Europa betriebenen neuen Ostpolitik. Doch die Bundesregierung winkt ab. Nordkorea zeige sich an einem Dialog mit Deutschland zu Erfahrungen der deutschen Teilung und Vereinigung »nicht interessiert«.
Der Linkspolitiker Liebich hingegen betont gegenüber »nd«: »Statt mit mutigen Vorstößen den Friedensprozess neu zu beleben und zwischen den weit auseinander liegenden Positionen zur atomaren Bewaffnung Nordkoreas zu moderieren, verschanzt sich die Bundesregierung im Schützengraben und versteckt sich hinter den wohl härtesten internationalen Sanktionen, die einem Land in der Gegenwart widerfahren.«
Möglicherweise gibt es bald Gesprächsgelegenheiten: Nordkorea wird zum ersten Mal einen Regierungsvertreter zur Münchner Sicherheitskonferenz entsenden, die Mitte Februar stattfindet.
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