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Rauchzeichen aus Hamburg
Christoph Ruf sieht die erste legale Pyroaktion im Hamburger Volksparkstadions als hoffnungsvolles Zeichen
Das war also der Grund für all die Aufregung? Ein paar schwarze, weiße und blaue Rauchstreifchen, die schnell wieder abzogen und den Blick aufs Wesentliche freigaben: Den 2:0-Sieg des Hamburger SV gegen Karlsruhe. Keine Frage: Die mit großem Tamtam angekündigte bundesweite Premiere von mit hochoffizieller Duldung abgebrannter Pyrotechnik war ein eher banaler Anblick.
Genau deshalb bleibt zu hoffen, dass dadurch auch die Fronten in der verhärteten Debatte um Pyrotechnik aufweichen. Schließlich ist die Diskussion um Bengalfackeln und Rauchtöpfe im Stadion gefühlt so alt wie die Entdeckung des Feuers selbst. Die Ultras können sich offenbar nichts Schöneres vorstellen als ein Abendspiel, in dem nach dem Siegtor Bengalos die Kurve illuminieren und es mächtig dampft und raucht. Ein selbstverliebtes Ritual? Ein Showelement, das man durchaus als Teil der von den Ultras kritisierten Eventisierung des Sports sehen kann? Unbedingt. Aber es ist eben auch ein Ritual, das auch Spielern wie Rick van Drongelen vom HSV (»gehört zum Fußball dazu«) und anderen Stadiongängern als den Ultras zu gefallen scheint.
Interessanterweise zücken ja auch auf der Haupt- und auf der Pressetribüne Tausende ihre Handy, wenn es in den Kurven leuchtet und qualmt. Für die andere Seite stammen die Rauchschwaden direkt aus Luzifers Kessel.
Und wer hat nun recht? Vielleicht ja beide Seiten. Wenn die Fans betonen, dass es bei einer vierstelligen Zahl von Pyrotechnikfällen in den letzten 12 Monaten nach allem, was man weiß, ligaübergreifend zu keiner einzigen Brandverletzung kam, stimmt das. Offenbar wissen die Damen und Herren in den Kurven also schon, wie die Teile zu handhaben sind - und wem man sie besser nicht in die Hand drückt. Wenn die Verbotsbefürworter ins Feld führen, dass glühend heiße Fackeln in einer Menschenmenge trotzdem ein unkalkulierbares Risiko darstellen, ist das auch eine legitime Sichtweise. Und wer chronische Atemwegserkrankungen hat, kann sich sicher Erbaulicheres vorstellen, als unterm Stadiondach giftige Rauchschwaden inhalieren zu müssen.
Auch deshalb war der Hamburger Weg, das vermeintliche Spektakel unter fachmännischer Aufsicht stattfinden zu lassen, überfällig. Dass der DFB hierfür eine Ausnahmegenehmigung erteilte, zeigt zudem, dass in der Zentrale in Frankfurt am Main offenbar zunehmend die Pragmatiker über die Hardliner triumphieren - in Fanangelegenheiten. Schon bei der Frage, ob es bei Länderspielen wieder Stehplätze geben solle, hat sich der DFB richtig positioniert und ist dabei auch den Konflikt mit dem europäischen Fußballverband eingegangen. Es wird noch eine Weile dauern, bis die Sympathiewerte des DFB in den Fankurven wieder steigen. Festzuhalten bleibt allerdings, dass beide Maßnahmen dort durchaus registriert wurden. Teils mit ungläubigem Staunen, teils aber auch durchaus in der Hoffnung, dass mit dem Wechsel auf dem DFB-Präsidentenstuhl ein etwas kooperativerer Weg beschritten wird.
Der 8. Februar erbrachte jedenfalls den Beweis, dass die Vernunft über die Ideologie siegen kann - und das merkwürdigerweise sogar im Fußball als Hort sinnloser Rituale und archaischer Riten. Legal abgebrannte Pyrotechnik kann ein Ausweg aus dem sündhaft teuren und hochgradig ritualisierten Kleinkrieg zwischen Fans und Verbänden sein, in dem es schon lange nicht mehr um die Sache geht. Sondern nur noch darum, wer am längeren Hebel sitzt.
Wenn Fußballoffizielle und Sicherheitsbehörden nun einen Schritt auf die Fanszenen zu gemacht haben, stehen diese fortan in der Verantwortung. Es werden auch künftig illegal Pyros abgefackelt werden, weil manche Gruppe das Ganze eben als wilde, subkulturelle Veranstaltung sieht, die unter Aufsicht von Feuerwehr und Ordnungsamt halt viel zu gezähmt daherkommt. Doch das dürften Ausnahmeerscheinungen bleiben, insgesamt - und das ist wohl ein wichtiges Motiv für alle Vereine sein, die es nun dem HSV gleichtun - werden die Klubs aber weitaus weniger Geldstrafen für Pyroaktionen an den DFB zahlen müssen als bisher. Insofern könnte der 8. Februar 2020 durchaus ein wichtiges Datum in der Fußballhistorie sein.
Wer das anders sieht, muss Alternativen benennen. Der bisherige Weg ist jedenfalls gescheitert. Er sah vor, jedes Wochenende Millionen von Steuergeldern dafür zu verbrennen, dass Zehntausende Polizisten und Ordner nach Pyrotechnik suchen - die sie meist trotzdem nicht fanden.
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