»Sie haben die Verstellung aufgegeben«

In der thüringischen CDU und FDP gibt es schon seit Jahren Verbindungen und Wechsel zu Rechtsaußen

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Viele Beobachter zeigen sich derzeit erstaunt, dass weite Teile der thüringischen CDU und FDP bereit sind, mit Faschisten zu kooperieren. Dabei haben kritische Stimmen in den vergangenen Monaten nicht nur auf öffentliche strategische Überlegungen vom rechten bürgerlichen Rand und eine bereits stattfindende Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene hingewiesen. Sie zeigten ebenso auf, dass CDU und FDP seit längerem auch über Netzwerke mit der »neuen Rechten« verbunden sind.

Auf eine hierbei in Thüringen wesentliche Personalie lenkte jüngst der Historiker Volker Weiss erneut die Aufmerksamkeit. Es geht um den führenden CDU-Landespolitiker Karl-Eckhard Hahn, der seit Anfang des Jahres Leiter des wissenschaftlichen Dienstes der CDU-Landtagsfraktion ist und zuvor Presse- und Regierungssprecher der Konservativen war. Bekannt wurde er vor allem als enger Vertrauter der ehemaligen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht. Der gebürtige Hesse beteiligte sich aber auch an der Ausarbeitung des aktuellen CDU-Wahlprogramms und gilt ebenso als Berater des Landesvorsitzenden Mike Mohring. Hahn hat trotz seiner steilen Karriere eine problematische Vita - sein Lebenslauf ist geprägt von Brücken nach rechts außen.

Schon als Student gehörte der als fleißig geltende Politiker der Deutschen Gildenschaft an, einer elitär-völkischen Studentenverbindung. Vordenker der neuen Rechten wie Karlheinz Weißmann und Götz Kubitschek waren hier ebenfalls organisiert. Hahn beteiligte sich in dieser Zeit an rechten Zeitschriftenprojekten wie »Phönix«, »Fragmente 75« oder »Etappe«. Gemeinsam mit Weißmann verfasste er einen Text, in dem sich beide positiv auf einen »unbedingten Antiliberalismus« und ein »unmissverständliches Bekenntnis zur Nation als der zentralen Bezugsgröße unserer heutigen Identität« bezogen. Nach Recherchen des antifaschistischen Fachmagazins »Der Rechte Rand« kritisierte der Autor in seinen Beiträgen unter anderem die »Reeducation«, eine »totale Nationenvergessenheit« und eine »bußfertige Geschichtsschreibung«. Laut »Spiegel« lag der »Phönix« klar »auf Neonazi-Kurs«.

Hahn distanzierte sich von seiner Vergangenheit, schrieb jedoch auch weiterhin umstrittene Texte. Anfang Februar, noch vor der Wahl des FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD, verteidigte Hahn genau diese strategische Option in einem Beitrag für das Debattenmagazin »The European«. Das Kabinett eines hypothetisch so gewählten FDP-Ministerpräsidenten »stünde im Parlament vor keiner größeren oder kleineren Herausforderung als jedes andere Minderheitskabinett auch«, hieß es. Ein solcher Regierungschef hätte demnach »keine geringere demokratische Legitimation als ein Ministerpräsident Bodo Ramelow«. Die Linkspartei würde im Vorfeld eine Gefahr beschwören, »die es gar nicht gibt«.

2013 gab es schon mal eine Kontroverse um Hahns Biografie. Ramelow hatte den CDU-Politiker damals noch verteidigt. Nach der Wahl von Kemmerich übte der geschasste Ministerpräsident nun jedoch öffentliche Kritik: »Sie sind wieder in Ihrer eigenen Vergangenheit angekommen oder haben einfach nur die Verstellung aufgegeben«, schrieb Ramelow auf Twitter.

Neben Hahn stehen zwei weitere Politiker in Thüringen für einen fließenden Übergang von der bürgerlichen in die völkische Welt: der AfD-Abgeordnete und -Pressesprecher Torben Braga und der AfD-Geschäftsführer Falk Illing. Braga war von 2012 bis 2015 Mitglied der FDP, danach trat er in die AfD ein und wurde Sprecher des thüringischen Landesverbandes. Braga fungierte früher als Presseverantwortlicher der teilweise extrem rechten »Deutschen Burschenschaft«. Er vertrat in dieser Funktion einen klar völkischen Standpunkt: »Wenn jemand sich zu Deutschland bekennt und deutscher Abstammung ist, kann er bei uns aufgenommen werden.« Braga organisierte sich zudem in der Burschenschaft Germania Marburg, die Anfang 2015 die »Reichsgründung« feierte.

Der Politikwissenschaftler Falk Illing war wiederum bis 2014 FDP-Mitglied und für die sächsische FDP Berater für die Themen Umwelt und Landwirtschaft, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz. Er promovierte bei dem Politikwissenschaftler Eckhard Jesse, der als prägende Kraft hinter der sogenannten Extremismustheorie gilt. 2015 wechselte Illing zur AfD. Der Sprung von der FDP zu einer im Kern völkischen Partei war für beide Politiker offenbar nicht allzu groß.

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