Ein Nein, nach dem nie gefragt wurde

Betroffene von Spanner-Videos wollen gegen sexualisierte Gewalt und für Selbstbestimmung demonstrieren

  • Gwendolin Ott
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie sind wütend. Bunt vermummte Personen zertrümmern gemeinsam Computer, besprühen Wände und schlagen auf die Kamera ein. Diese Szenen geben bereits einen Hinweis darauf, was vorgefallen ist. Die Gestalten zeigen sich als Betroffene heimlicher Videoaufnahmen, mit denen sie nicht einverstanden sind.

Mit dem Video »Statement of Rage« (zu deutsch: Wütende Erklärung) rufen Betroffene Frauen, Lesben, nichtbinäre, trans- und inter Menschen dazu auf, diesen Freitag für das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper zu demonstrieren. Das Motto »My body is not your porn« (zu deutsch: »Mein Körper ist nicht dein Porno«) ist angelehnt an Proteste in Südkorea, bei denen sich Tausende gegen voyeuristische Videos engagieren.
Vor der Demonstration am Neuköllner Hermannplatz soll es am Brandenburger Tor eine gemeinsame Performance gegen Gewalt an Mädchen und Frauen geben, angelehnt an eine Choreographie mit dem Titel »Der Vergewaltiger bist du«, die wiederum im letzten Dezember Tausende Menschen in Chile auf der Straße zeigten.

Beide Aktionen sind auch als Reaktion auf Vorfälle zu verstehen, die es bei zwei Festivals der linken Szene in Deutschland gegeben hatte: Beim Festival »Monis Rache« installierte 2016 sowie 2018 ein Mitarbeiter heimlich Kameras in Toiletten. Einige Videos wurden im Internet veröffentlicht, verkauft und gegen andere Voyeurvideos getauscht. Wenige Wochen später wurden ebenfalls Videos aus Duschen der »Fusion«, einem der größten Festivals Deutschlands, entdeckt. Die Pornoplattform, auf der alle Aufnahmen gefunden wurden, ist die größte Deutschlands, dort finden sich Hunderte Videos, die mit versteckter Kamera gedreht wurden. Meist wissen Betroffene nichts von den Videos. Ihr Einverständnis ist in der Regel nicht von Interesse.

Nun wollen sie sich Gehör verschaffen: »Wir sind keine wehrlosen Opfer sexualisierter Gewalt, wir sind handlungsfähig! Und unser Engagement endet nicht im Umgang mit dieser einen Tat, denn sexualisierte Gewalt wird tagtäglich ausgeübt«, schreiben Betroffene in einer Erklärung. Innerhalb kürzester Zeit haben sich in größeren Städten in Deutschland Gruppen zusammengefunden, die sich gegenseitig beraten und unterstützen.

»Potenziell sind alle Frauen, Lesben, Nichtbinäre-, Inter- und Trans-Menschen von dieser patriarchalen Gesellschaft betroffen«, betont Klara Lange, Mitorganisatorin der Demonstration. Unterschiedliche Vorfälle verweisen dennoch auf die gleiche Täterstruktur, so Lange. »Wir sind alle von dieser sexualisierten Gewalt betroffen, daher sind es unsere gemeinsamen Kämpfe.« Ihre Mitstreiterin Anka Lichten fasst die Anliegen der Proteste zusammen: »Wir werden nicht gesehen, so wie jetzt im Internet zum Beispiel. Aber das ist unser Körper, wir entscheiden, nicht du.«

Die Forderungen sind so unterschiedlich, wie diejenigen, die sich engagieren. Einige Akteur*innen wollen eine Gesetzesreform. Videos, wie sie bei Monis Rache entstanden sind, werden bisher bagatellisiert. Andere sehen die Gesellschaft und vor allem Cis-Männer, also Männer, die nicht Trans sind, in der Verantwortung.

»Sie müssen sich genauso wie wir damit auseinandersetzen und nicht nur mit der ›Feminismusjogginghose‹ rumlaufen. Die sind ja auch vom Patriarchat betroffen«, findet Lange.

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