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Das kommerzielle Känguru
DIE STIMME DER VERNUNFT: Leo Fischer über den Geschäftserfolg von Marc-Uwe Kling und seinem berühmten Beuteltier
Marc-Uwe Kling! Genialer Schriftsteller, Schöpfer des unsterblichen kommunistischen Kängurus und der gleichnamigen »Chroniken«, fantasie- und pointenreicher Erzähler, raffinierter Propagandist und Politisierer einer ganzen Generation, cleverer Vermarktungsstratege und Erbauer eines kleinen Medienimperiums samt HBO-Serie, Kinofilm, Handyhülle und witzigen Tragetaschen (»Kängurubeutel«) - oder doch nicht? Muss es nicht vielmehr heißen: Marc-Uwe Kling, ruchloser Schmierant! Lächerlicher Kitschkopf, peinlicher Pausenclown und ahnungsloser Agent eines linksliberalen Neobiedermeiers? Über diese Frage entbrennt anlässlich der Verfilmung der »Känguru-Chroniken«, Kinostart Anfang März, gerade auf allen bekannten Sozialmedien eine wichtige Scheindebatte.
Darf man ihn, MUK (alternativ: Muckel, Mucki), noch unironisch gut finden? Darf man ihn ironisch schlecht finden? Darf man auf den öden »QualityLand«-Lesungen aus dem Publikum laut »Wann kommt denn jetzt das Känguru« brüllen? Muss man sich schämen, weil man sich letztlich über eine niedliche Tiergeschichte politisiert hat?
Umgekehrt und mit der Polizei Göttingen gefragt: Ist Marc-Uwe Kling wirklich so harmlos? Hat er nicht unschuldige Jugendliche mit gefährlichen sozialdemokratischen Ideen infiziert? Haben wir es bei ihm nicht mit einem skrupellosen Volksverhetzer zu tun, der alles dafür tut, Deutschland zu schaden, den Wirtschaftsstandort zu demolieren und den vom Schicksal und der »Bild«-Zeitung vorherbestimmten Gottkanzler Merz zu verhindern?
Hier bittet die Stimme der Vernunft um Mäßigung im Ton. Ja, es stimmt: Das Känguru-Franchise ist letztlich das erfolgreichste irgendwie bauchlinke Produkt deutscher Sprache, seit sich das »neue deutschland« als Zugeständnis an die Mediengewohnheiten junger Menschen unter 60 zu einem eigenen Internetauftritt entschlossen hat. Und ja, Zehntausende wurden über die spannenden Abenteuer des Lasagne-liebenden Beuteltiers überhaupt erst an brisante kommunistische Ideen wie Mindestlohn, Riester-Rente und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall herangeführt.
Indes: Versuche, das »Känguru« nachzuahmen, scheiterten; Kling, mittlerweile ein reicher Mann, kann laut »Börsenblatt des deutschen Buchhandels« das »Scheißvieh« samt seiner »hirnrissigen Kommie-Propaganda« »nicht mehr sehen«: »Ich will nicht länger auf mein bekanntestes und erfolgreichstes Produkt reduziert werden, das alle zu lieben! Ich interessiere mich zum Beispiel auch für Brettspiele. Schreibt doch da mal was drüber!«
Doch Klings neueste Bücher (»Reich werden mit Immobilien«, »Wohlstand erhalten, Leistung belohnen - ein Plädoyer für die Marktwirtschaft« und »Die Chroniken von Hayek, dem Glücksschwein«) konnten längst nicht an vergangene Erfolge anknüpfen. Der Hype ist vorbei, Kling hat seinen Biss verloren! Schon allein deswegen erübrigt sich jede Debatte, auch zu anderen Themen.
Nein, wir sollten Kling einfach weiter einen guten reichen Mann sein lassen - sein ihn lebenslänglich verfolgendes schlechtes Gewissen ist Strafe genug. Sein odioses Schrifttum hingegen soll, um nicht noch mehr Verwirrung in ohnehin schwer beschädigte linke Diskurszusammenhänge zu tragen, eingesammelt, in Bottiche geworfen, mit Rotwein übergossen und von 40 wilden Winzerinnen mit nackten Hufen zu Brei getreten werden.
Der Brei aber soll mit Nüssen und Quinoa angerichtet als winzige Natsu-Fertiggerichte an exakt die Leute verkauft werden, die nach zehn Jahren noch immer das »Känguru« zitieren. So kommt eins zum anderen, der Kreis wird geschlossen, Alpha küsst Omega. Und es wird ein herrlicher Frieden einziehen, der Bestand haben wird sieben mal sieben Jahre.
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