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CDU beharrt auf Technokratenregierung
Konservative stellen Bedingungen an eine Wahl von Christine Lieberknecht zur Ministerpräsidentin
Etwa zwölf Stunden, nachdem es im Thüringer Politikdrama die nächste unerwartete Wendung gegeben hat, herrscht im Funktionsgebäude des Landtages in Erfurt hektische Betriebsamkeit. Die Abgeordneten von Linke, SPD, Grünen und der CDU treffen sich zu Sondersitzungen ihrer Fraktionen, es wird telefoniert, geraucht und dazwischen jenes Örtchen aufgesucht, an das jeder für sich alleine geht. Selbst Ex-Minister. Aber bei jedem Schritt, den die Parlamentarier tun, geht die Frage mit, wie es die Fraktionen mit dem jüngsten Vorschlag des Thüringer Ex-Ministerpräsidenten und Linken Bodo Ramelow halten, zumindest vorerst auf das Amt des Regierungschefs im Freistaat zu verzichten. Die Antworten auf diese Frage fallen im Laufe des Tages bei Rot-Rot-Grün ganz anders aus als bei der CDU.
Ramelow hatte den Christdemokraten in einem cleveren Schachzug angeboten, für ein paar Monate Platz für Christine Lieberknecht zu machen. Die CDU-Politikerin war von 2009 bis 2014 schon einmal Thüringer Ministerpräsidentin und hatte zahlreiche politische Spitzenämter im Land inne. Ramelow hatte Lieberknecht am 5. Dezember 2014 als erster Linke-Ministerpräsident Deutschlands beerbt. Trotz der unterschiedlichen Parteibücher pflegen beide ein gutes, persönliches Verhältnis miteinander.
Gekoppelt hatte Ramelow diesen Vorschlag an die Forderung, dass die CDU die Selbstauflösung des Landtages mitträgt und damit den Weg zu schnellen Neuwahlen in Thüringen frei macht - bei denen Ramelow dann wieder als Ministerpräsidentenkandidat der Linken antreten will; in der Hoffnung, dass er nach der Neuwahl dann doch wieder Regierungschef wird. Für eine Selbstauflösung des Landtages ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament nötig, die es - wenn Rot-Rot-Grün dafür nicht auf die Stimmen der AfD angewiesen sein will - nur gibt, wenn Rot-Rot-Grün und die CDU dem entsprechenden Antrag zustimmen. Nach den Rechnungen der Thüringer Linke-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow könnte der Auflösungsantrag noch im März vom Landtag beschlossen werden, was zu Neuwahlen des Landesparlaments bis Ende Mai führen würde - falls sich Rot-Rot-Grün mit der CDU bis Freitag auf das entsprechende Vorgehen einigt.
Die Reaktionen von Vertretern von Rot-Rot-Grün auf Ramelows Vorstoß sind positiv. Nach den Fraktionssitzungen treten deren Spitzenvertreter unabgestimmt und unabhängig voneinander vor die vielen Kameras, Mikrofone und Notizblöcke, die seit etwa fast zwei Wochen gar nicht mehr aus den Fluren des Landtagsgebäudes wegzudenken sind. SPD-Fraktionschef Matthias Hey nennt die Idee Ramelows »ausgewogen und gut«. So könne es schnell zu den Neuwahlen kommen, die die SPD seit der Ministerpräsidentenwahl vom 5. Februar gefordert habe. Auch, dass Ramelow vorgeschlagen hatte, unter Lieberknecht nur ein kleines Regierungskabinett zu bilden, bestehend aus zwei Fachministern und einem Chef der Staatskanzlei, sei richtig. Für letzteres Amt kommt aus Sicht der Linken nur der Linke und Ex-Kanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff in Frage. Die bisherige Finanzministerin Heike Taubert von der SPD soll zudem ihre bisherige Position wiederbekommen und der Grüne Dieter Lauinger Justizminister bleiben.
Doch die CDU ist alles andere als begeistert von Ramelows Vorstoß - trotz der Personalie Lieberknecht; auch wenn der scheidende CDU-Fraktionschef Mike Mohring in einer Beratungspause vor die wartenden Journalisten tritt und die Idee zu einem »spannenden Vorschlag« erklärt, den die Union allerdings noch weiter beraten müsse. Einige CDU-Männer, die zum Telefonieren, zum Rauchen, auf einsame Örtchen oder im Laufe der Zeit auch zum Mittagessen gehen, erklären wortreich, wie sehr Ramelow sie mit der Idee einerseits überrumpelt und in Zugzwang gebracht habe. Wie schwer es für sie zudem sei, die Überlegung mitzutragen, dass Lieberknecht einen linken Chef der Staatskanzlei als gefühlten Aufpasser zur Seite gestellt bekomme. Ganz abgesehen davon, dass auch eine solche Konstellation wohl gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundes-CDU zur Nicht-Zusammenarbeit mit den Linken verstoßen würde.
Mehr Hintergründe in unserem Dossier Rechtsputsch in Thüringen
Am späten Nachmittag heißt es dann aus der CDU-Fraktion, sie sei unter Bedingungen zur Wahl ihrer Parteikollegin bereit. Sie will eine längerfristige Übergangsregierung mit Lieberknecht an der Spitze. Für Stabilität brauche es eine Übergangsregierung, die »vollständig besetzt und parteiübergreifend von berufenen Experten bestellt wird«, sagt Mohring.
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