Werbung

Ursache Muslimfeindlichkeit

Vertreter von muslimischen Verbänden kritisieren die Zurückhaltung bei der klaren Benennung der Terrorursache

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wie will man etwas bekämpfen, was man nicht benennen und identifizieren möchte?« Der Sprecher des Koordinationstrats der Muslime, Zekeriya Altuğ, fordert, dass Muslimfeindlichkeit als eine der Ursachen für die Morde von Hanau anerkannt wird. »Leider haben wir am Donnerstag bei all den Beileidsbekundungen der Politik diese klare Haltung vermisst.« Sowohl der Bürgermeister von Hanau als auch der hessische Ministerpräsident und der Bundespräsident hätten dafür die Chance verpasst, so Altuğ. »Wenn man Islamfeindlichkeit und den antimuslimischen Rassismus nicht klar benennt oder verharmlost, dann macht man sich mitschuldig.«

Dagegen sei man froh gewesen, dass Politik und Behörden zügig von rechtem Terrorismus gesprochen haben, meint der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici. Die Solidaritätsbekundungen wurden bei den Verwandten der Opfer positiv aufgefasst. Kesici bemerkte aber, dass auch ihnen die eindeutige Benennung Muslimfeindlichkeit fehlte. Nach den Übergriffen auf Moscheegemeinden in den vergangenen Jahren sei die Angst unter den Muslimen groß, erklärte der Islamratschef.

Der Anschlag von Hanau sei wenig überraschend gewesen, meint Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime. »Das ist eine Situation, die Vorboten gehabt hat in unserem Land«, sagt er und benennt die Orte, an denen Menschen bei rassistischen Attacken in jüngster Vergangenheit starben. Der Anschlag in Halle, der Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke und die Taten des NSU machten klar, dass es um ein Problem geht, das die gesamte Gesellschaft betrifft, so Mazyek. Wer verharmlose und verschweige, mache sich mitschuldig.

Einen generellen Polizeischutz für Moscheen, wie es bereits vor vielen jüdischen Einrichtungen der Fall ist, möchte Mazyek nicht. Es müsse aber der Bedrohungslage entsprechend gehandelt werden: Wo bereits Drohungen erfolgt sind, müsse es regelmäßige Streifenfahrten geben, bis hin zur Dauerpräsenz, wenn es kurzzeitig erforderlich wird. Kesici kritisierte, dass es in Berlin an konkreten Ansprechpartnern und an einer ausreichenden Sensibilität bei der Polizei mangele.

Kritik gab es auch an den Sicherheitsbehörden, die zu oft von Einzeltätern reden, obwohl sich die Attentäter immer wieder aufeinander berufen. Die Attentate in Hanau, Halle, Christchurch und Oslo sind ideologisch miteinander verwoben. »Was soll diese Einzeltäterthese? Es ist eine große Gruppe, die auf diese Ideologien zurückgreifen«, unterstreicht Mazyek.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.