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Alle Augen auf Idlib
Philip Malzahn über einen gescheiterten bilateralen Opportunismus in Sachen Syrien
Der türkische Präsident hat es schlau gemacht, das muss man ihm lassen. Dem eigenen Volk und der Welt hat er einen Invasionskrieg in Syrien als Verteidigungskrieg gegen kurdische Terroristen verkauft. Dann hat er seine Soldaten an die vorderste Front gegen Assad gestellt, wo mit dem Angriff von gestern bereits 54, erwartbarerweise, ihr Leben gelassen haben. Primär hatte Erdogan auf seine Beziehung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin gehofft und darauf, dass der bilaterale Opportunismus der russischen Regierung ihm erlaubt, den in Syrien erkämpften Raum auch auf diplomatischer Ebene verteidigen zu können. Doch eine Eskalation sowie der damit einhergehende Zerfall türkisch-russischer Beziehungen war unvermeidbar; das hat Erdogan offenbar antizipiert. Der Plan B, den Bündnisbeistand zur Sicherung seiner Annektionsgebiete bei der Nato einzufordern, wirkt überaus geschickt eingefädelt. Vom effektivsten Druckmittel - die »Tore nach Europa« für Millionen Flüchtlinge zu öffnen - hat man in Ankara am Freitag bereits Gebrauch gemacht.
Die Frage bleibt, wie Russland reagiert. Lange hat man Bemühungen um einen Kompromiss vorangetrieben, vor allem weil man von beiden Seiten sich Profit erhoffte. Durch die Intervention in Syrien konnte Moskau im Nahen Osten den Fuß in die Tür kriegen - so weit, wie lange nicht mehr. Gleichzeitig war die Türkei als Handelspartner zu wichtig, als dass Meinungsverschiedenheiten um den Krieg das Geschäft vermiesen sollten. Doch nun ist die Zeit für kompromissorientierte Bündnisse im Syrienkrieg wohl endgültig vorbei. Assad wie auch die Rebellen bezeichnen den Kampf um Idlib schon länger als finale Schlacht. Mit einem verstärkten türkischen Engagement wird aber eher das Gegenteil eintreten. Der Krieg wird noch blutiger, härter, und vor allem länger, als er eh schon ist.
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