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  • Kampf gegen den Rechtsruck

Alle zusammen gegen den Faschismus?

Eine »Einheitsfront« gegen den Rechtsruck in Deutschland erscheint nötiger denn je

In Thüringen ließ sich Thomas Kemmerich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen, in Hanau fand der dritte mörderische Nazianschlag in nicht einmal einem Jahr statt, in Polizei und Bundeswehr sind rechte Netzwerke aktiv und eine potenzielle Terrorgruppe, die Moscheen im ganzen Land attackieren wollte, ist gerade erst aufgeflogen. Wie gefährlich extrem Rechte Einzelpersonen und Gruppen sind, dürfte vielen Menschen jetzt so bewusst sein, wie vielleicht noch nie. Doch die Antworten von Linken, auf diese Ereignisse fallen unterschiedlich und teilweise widersprüchlich aus. Es ist Zeit für eine Strategiedebatte.

Auf den »Dammbruch« in Thüringen wurde schnell und bundesweit reagiert. Noch am Abend als sich der FDP-Mann Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und der von Björn Höcke geführten AfD zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen, gingen Tausende Menschen in vielen Städten auf die Straße. Sie zogen vor Büros von FDP und CDU und protestierten gegen den Schulterschluss mit den Faschisten. Ein starkes, einheitliches Zeichen, das Liberale und Konservative beeindruckt hat. Der Druck auf der Straße hatte einen Anteil daran, dass CDU und FDP so schnell zurückruderten. Keine zehn Tage später war es mit der einheitlichen Reaktion schon wieder vorbei. In Erfurt wurde groß gegen den »Dammbruch« demonstriert. Gleichzeitig marschierten Nazis zum alljährlichen Bombengedenken in Dresden auf. Unter vielen Linken sorgte das für Streit. Parteien und Gewerkschaften, die in Erfurt mitdemonstrierten, wurde ein »Show-Antifaschismus« vorgeworfen, und dass sie aktive Antifas in Dresden im Stich ließen. Wer nach Erfurt fuhr, argumentierte mit der Besonderheit der Ereignisse im thüringischen Landtag, während es immer wieder Naziaufmärsche gäbe.

Auch nach Hanau fielen die Reaktionen unterschiedlich aus. Nach dem kurzfristigen Protest im Anschluss an den Anschlag wurden zum Beispiel in Köln kritische Stimmen laut, die MLPD habe bei einer Kundgebung sprechen können, bei einer zweiten Kundgebung habe die von Grünen und CDU getragene Oberbürgermeisterin Henriette Reker auftreten dürfen. Beide Auftritte wurden nicht wegen ihrer aktuellen inhaltlichen Positionierung kritisiert. Auch in Hanau selbst gab es kein ungeteiltes Gedenken. Am Samstag nach dem Anschlag demonstrierten eher linke Gruppen. Die Spitze der Demo bildeten Menschen, die aus Kurdistan stammten. Mehrere der Ermordeten hatten regelmäßig den kurdischen Verein in Hanau besucht. Einen Tag später gingen wieder Tausende Menschen auf die Straße, diesmal dominierten türkische Fahnen und Parolen, die man von Grauen Wölfen und AKP-Anhängern kennt.

Unterschiedliche Konfliktlinien, aber eine Frage steht im Raum: Was soll »Alle zusammen gegen den Faschismus« heißen? Wie weit geht »alle«? Rechten Terroristen dürfte in der Regel ziemlich egal sein, ob die Menschen, die sie ermorden, fanatische Erdogan-Fans oder Anhänger eines demokratischen Kurdistans sind. Beide sind vom potenziell mörderischen Rassismus betroffen. Und in der mehrheitsdeutschen Linken? Soll man einen SPD-Bundestagsabgeordneten, der für die Gesetzesverschärfungen im Asylrecht gestimmt hat, auf einer antirassistischen Kundgebung sprechen lassen, oder hat der seine Glaubwürdigkeit verspielt?

Um diese Debatte wirklich zu führen, sollte an erster Stelle wohl eine Analyse darüber stehen, wie stark und gefährlich faschistische Strukturen derzeit in Deutschland sind. In einer Großstadt ohne relevante Naziszene und mit einer AfD im Bereich um fünf Prozent, mag es gut möglich sein, sich von allem abzugrenzen, was nicht der eigenen politischen Linie entspricht, und auch den Parteien der »Mitte« ihre Bezüge zum Rassismus klarzumachen. In Regionen mit starker AfD, Neonazis und regelmäßigen Rechtsrockkonzerten sieht die Situation wahrscheinlich anders aus, und Antifaschisten müssen mit jedem kooperieren, um im Abwehrkampf standzuhalten.

Im Einzelnen wird die Frage nach einer neuen »Einheitsfrontpolitik« wohl in den Regionen beantwortet werden müssen. Trotzdem würde es der gesellschaftlichen Linken guttun, sich über unterschiedliche Herangehensweisen und Positionierungen auseinanderzusetzen.

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