Bayern vielfach unentschieden

Stichwahl zur bayrischen Kommunalwahl soll komplett als Briefwahl abgewickelt werden

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München. Wegen der Gefahr durch das Coronavirus sollen die regulär in zwei Wochen geplanten Stichwahlen zur bayerischen Kommunalwahl als Briefwahl abgewickelt werden. Das sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume am Montag im gemeinsamen »Morgenmagazin« von ARD und ZDF unter Berufung auf die Landesregierung. Diese habe auf den Weg gebracht, dass alle Bürger ihre Wahlunterlagen zugeschickt bekämen. Es sei dadurch »für jeden möglich, quasi von daheim zu wählen«, ergänzte Blume.

Die vielerorts nötige Stichwahl werde »komplett als Briefwahl« abgewickelt, sagte der CSU-Generalsekretär. Auf diese Weise werde sichergestellt, »dass in diesem Umfeld im Grunde gar kein Kontakt mehr vor Ort notwendig ist«. Die Menschen seien trotz der Lage weiterhin »politisiert«, ergänzte Blume mit Blick etwa auf die in vielen bayerischen Kommunen am Sonntag gestiegene Wahlbeteiligung. Bei dem Urnengang gab es insbesondere in den Städten in vielen Fällen keinen klaren Sieger. 16 von 24 Oberbürgermeisterwahlen müssen daher in einer Stichwahl entschieden werden - darunter auch in der Landeshauptstadt München.

In München muss Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in die Stichwahl - er lag im ersten Wahlgang aber sehr deutlich vor seinen Herausforderinnen von Grünen und CSU. Grünen-Kandidatin Katrin Habenschaden erklärte bereits vor dem Ende der Auszählung aller Stimmen ihre Niederlage hinter Kristina Frank von der CSU.

In Nürnberg muss die SPD nach dem Verzicht des langjährigen Oberbürgermeisters Ulrich Maly um den Chefsessel im Rathaus bangen: Ihr Kandidat Thorsten Brehm muss in eine Stichwahl gegen Marcus König (CSU). Und CSU-Mann König lag nach Auszählung aller Stimmen am Sonntagabend sogar knapp vor dem SPD-Kandidaten Brehm.

In Augsburg lag nach dem Verzicht von OB Kurt Gribl (CSU) die CSU-Kandidatin und bisherige Bürgermeisterin Eva Weber mit 43,1 Prozent deutlich vorne. Auf Platz zwei landete SPD-Bewerber Dirk Wurm. Die Grünen-Kandidatin Martina Wild musste sich mit dem dritten Platz zufrieden geben.

Insgesamt gab es am Sonntag in 24 von 25 der kreisfreien Städte Oberbürgermeisterwahlen. In acht dieser Städte wurden die Amtsinhaber wiedergewählt, in 16 Städten müssen die Stichwahlen entscheiden.

Inmitten der Corona-Krise waren die Menschen am Sonntag überall in Bayern aufgerufen, die Kommunalparlamente neu zu wählen, also Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage. Und fast überall standen auch die Wahlen der Oberbürgermeister und der ersten Bürgermeister an. In 64 der 71 Landkreise mussten zudem die Landräte gewählt werden. Bei bayernweit 4000 Wahlen waren damit fast 40 000 Mandate zu vergeben.

Unter anderem wegen deutlich mehr Briefwählern ging die Wahlbeteiligung nun vielerorts nach oben. Nach ersten Zahlen des Bayerischen Rundfunks könnte sie landesweit bei 58,5 Prozent liegen. 2014 lag die Wahlbeteiligung bayernweit bei rund 55 Prozent - der bisherige Minus-Rekord in der Geschichte der Kommunalwahlen.

»Die grüne Welle ist gebrochen, gerade auch in den Städten«, fasst CSU-Generalsekretär Markus Blume am Abend die Wahl aus seiner Sicht zusammen. Ob die CSU am Ende aber von einer erfolgreichen Wahl sprechen kann, muss sich erst noch zeigen. Viele Wahlergebnisse werden erst Anfang der Woche ausgewertet sein. Und während sich die Partei in den Ballungszentren meist mit SPD und Grünen auseinandersetzen muss, ist die Konkurrenz auf dem Land eine andere: Freie Wähler und AfD heißen hier die politischen Gegner.

Und auch hier können die Grünen noch auf viele Erfolgserlebnisse hoffen - immerhin konnte die Partei in den vergangenen Monaten dank vieler Tausend neuer Mitglieder auch ihre Ausdehnung im Land deutlich vergrößern. Erkennbar ist dies etwa an den zahlreichen Stichwahlen, denen sich Grüne-Kandidaten in 14 Tagen stellen werden. Wer zuletzt lacht, ist also noch nicht entschieden.

Die bayerischen Grünen gehen damit trotz Schlappen etwa im Rennen um das Oberbürgermeisteramt in München, wo die Grünen-Kandidatin knapp hinter der CSU-Kandidatin zurücklag und deswegen nicht in die Stichwahl geht, gestärkt aus der Kommunalwahl. »Wir haben bei den Stadt- und Gemeinderatswahlen stark zugelegt. Wir sind aus der Kommunalpolitik nicht mehr wegzudenken«, sagte Grünen-Chefin Eva Lettenbauer in einem Interview des Bayerischen Rundfunks (Bayern 2, »radioWelt am Morgen«) am Montag.

Die Wahl am Sonntag fand im Schatten der eskalierenden Coronakrise statt. Teilweise gab es Probleme, genügend Wahlhelfer zu finden. In Bayern will die Landesregierung wegen der Ausbreitung des Virus am Montag den Katastrophenfall ausrufen, um das Krisenmanagement zu bündeln.

Blume betonte, diese und andere Maßnahmen wie die Einschränkungen des öffentlichen Lebens seien angesichts der nach wie vor nicht unterbrochenen Infektionsketten in vielen europäischen Ländern nötig. Angesichts des »extrem dynamischen Infektionsgeschehens« sei es zwingend, die sozialen Kontakte so weit wie möglich zu beschränken. »Wir werden schrittweise das öffentliche Leben weiter herunterfahren müssen«, sagte der CSU-Generalsekretär. Agenturen/nd

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