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Regierung erwartet über zwei Millionen Kurzarbeiter +++ Staatsakt zum 75. Jahrestag des Kriegsendes abgesagt
Der Newsblog zur Corona-Krise - Donnerstag, 19. März 2020
17:25 Uhr: Staatsakt zum 75. Jahrestag des Kriegsendes abgesagt
Der zentrale Staatsakt zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai in Berlin ist abgesagt worden. Das bestätigte das Bundespräsidialamt am Donnerstag. Wegen des historischen Datums soll es auch keine Verschiebung geben. Eine solche Absage eines Staatsaktes gab es bisher noch nie, wie der »Tagesspiegel« (Freitag) berichtete.
Bisher war geplant, am 8. Mai des Kriegsendes in Europa und der Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Alliierten 1945 auf dem Platz der Republik in Berlin zu gedenken. Die Rede im Beisein von zahlreichen Gästen aus dem Ausland sollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier halten.
16:50 Uhr: Regierung erwartet derzeit 2,15 Millionen Kurzarbeiter
Beschäftigte sind nach Einschätzung der Bundesregierung millionenfach auf Kurzarbeitergeld wegen der Coronakrise angewiesen. »Es wird von 2,15 Millionen Fällen des Bezugs von konjunkturellem Kurzarbeitergeld ausgegangen«, heißt es in der entsprechenden Verordnung des Bundesarbeitsministeriums, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Das »Handelsblatt« berichtete zuvor darüber. Das Ministerium geht von 1,15 Millionen zusätzlichen Fällen aus. Eine Millionen Fälle wären demnach auch nach geltendem Recht ohne die Erleichterungen zu erwarten gewesen.
Die Regierung erwartet Mehrausgaben bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) von 10,05 Milliarden Euro. Die beschlossene Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen schlägt demnach mit 5,99 Milliarden Euro zu Buche - die zusätzliche Zahlung von Kurzarbeitergeld selbst mit 4,06 Milliarden Euro. Die BA übernimmt bei Kurzarbeit 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Bei Arbeitnehmern mit Kind sind es 67 Prozent.
15:15 Uhr: Diakonie startet Spendenaktion für Obdachlose
Wegen der Coronakrise hat die Diakonie Deutschland eine Spendenaktion für wohnungslose Menschen gestartet. »Wohnungslose Menschen sind in den jetzigen Coronazeiten besonders gefährdet, da sie keine Chance haben, soziale Kontakte zu reduzieren«, erklärte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie am Donnerstag in Berlin. »Sie können sich auch nicht in die eigene Wohnung zurückziehen und dort Schutz finden.«
Die Spendenaktion läuft über die Facebook-Seite der Diakonie Deutschland. Mit den Spenden sollen den Angaben zufolge beispielsweise Tagesaufenthalte, Wohnungslosenheime und Nothilfemaßnahmen für obdachlose Menschen unterstützt werden.
14:45 Uhr: Immer noch lange Staus an Grenzen in Sachsen und Brandenburg
Auch am Donnerstag haben sich Autos und Lastwagen auf den Autobahnen an der deutsch-polnischen Grenze gedrängt. In Sachsen stauten sich die Fahrzeuge am Donnerstagmittag auf der Autobahn 4 zwischen Dresden und Görlitz wegen der Grenzkontrollen Polens nach Polizeiangaben noch auf 30 Kilometern. Auf der A12 in Brandenburg drängten sie sich zeitweise noch auf 47 Kilometern in Richtung Frankfurt an der Oder.
In Sachsen entspannte sich die Lage auf der A4 Richtung Görlitz in der Nacht zwar leicht, wie die Polizei mitteilte. Aufgrund des zu erwartenden Rückreiseverkehrs zum Wochenende rechnete die Polizei allerdings erneut mit einem hohen Verkehrsaufkommen. Am Mittwoch war der Stau, der sich seit Montag aufgrund der Grenzkontrollen wegen der Coronakrise gebildet hatte, noch rund 60 Kilometer lang gewesen.
Auch in Brandenburg gab es weiter lange Staus auf den Straßen in Richtung Polen. Am Donnerstagmorgen staute sich der Verkehr nach Polizeiangaben auch auf der A15 bei Cottbus noch auf 35 Kilometern Länge. Die A12 Richtung Frankfurt an der Oder wurde bereits für Autos gesperrt, Lastwagen konnten dafür zusätzlich den Standstreifen auf der Autobahn nutzen.
14:15 Uhr: EU legt Vorrat medizinischer Ausrüstung gegen Covid-19 an
Einen Vorrat medizinischer Ausrüstung zur Behandlung der Coronavirus-Erkrankung Covid-19 will die Europäische Kommission anlegen. Es geht um intensivmedizinisches Material wie Beatmungsgeräte, Schutzmasken und Impfstoffe, sobald diese verfügbar seien, sagte der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, am Donnerstag in Brüssel. Diese Dinge sollten dann dort in der EU eingesetzt werden, wo sie am nötigsten gebraucht würden.
Lenarcic erläuterte, dass die Kommission bis 90 Prozent der Kosten für die Beschaffung tragen werde. Dafür würden zunächst 50 Millionen Euro vorgesehen, von denen aber 40 Millionen erst von den EU-Staaten und dem Europaparlament genehmigt werden müssten. Mitgliedstaaten könnten die Vorräte auf freiwilliger Basis beschaffen und bis zum Bedarfsfall aufbewahren. »Ich erwarte da keine Schwierigkeiten«, sagte der Kommissar. Etwa ein halbes Dutzend EU-Staaten habe bereits Interesse angemeldet. Der Aufbau dieser Vorratslager werde parallel zur gemeinsamen Materialbeschaffung im Kampf gegen das Virus vorangetrieben. Die Kommission arbeite »mit Vollgas« daran.
12:30 Uhr: Bund plant Hilfen von mehr als 40 Milliarden Euro für Kleinselbstständige
Die Bundesregierung plant wegen der Coronakrise ein Hilfsprogramm im Volumen von mehr als 40 Milliarden Euro zugunsten von Klein- und Soloselbstständigen. Das wurde am Donnerstag in Regierungskreisen in Berlin bestätigt. Über Details wurde demnach aber noch zwischen den Ministerien für Wirtschaft und für Finanzen verhandelt.
Zuvor hatte der »Spiegel« über das Vorhaben berichtet. »Man will an dieser Stelle etwas tun«, hieß es dazu aus Regierungskreisen weiter. Es gehe um Kleinunternehmen, die nicht von den bereits beschlossenen Kreditprogrammen profitierten, aber bei wegbrechenden Einnahmen laufende Ausgaben bestreiten müssten, zum Beispiel für die Miete von Geschäftsräumen. »Wie das genau ausgestaltet wird, ist noch in der Diskussion«, hieß es weiter.
Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es zudem: »Es darf keine Solidaritäts-Lücke für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige geben.« Es gehe darum, jetzt allen die Hand zu reichen, den ganz kleinen und den großen. »Genau das zeichnet schließlich unsere Soziale Marktwirtschaft aus und genau das wird uns diese Krise gut überstehen lassen.« Das Hilfsprogramm könnte bereits am Montag vom Bundeskabinett beschlossen werden.
12 Uhr: Berliner Senat will Zwangsräumungen von Wohnungen vermeiden
Der Berliner Senat versucht wegen der Corona-Krise, Zwangsräumungen von Wohnungen möglichst zu vermeiden. Der Präsident des Kammergerichts, Bernd Pickel, sei von Justizstaatssekretärin Daniela Brückner gebeten worden, »dass die Gerichtsvollzieher in seinem Geschäftsbereich soweit wie möglich von Zwangsvollstreckungen im Wohnraum Abstand nehmen«, sagte der Sprecher der Senatsjustizverwaltung, Sebastian Brux, dem »nd«. Im Einzelfall sollten Zwangsvollstreckungen auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt bleiben, hieß es weiter. Der Kammergerichtspräsident habe diese Auffassung geteilt.
»Wünschenswert und anständig wäre es in dieser Situation, wenn Vermieter für die Dauer der Corona-Krise darauf verzichten, dass zwangsvollstreckt wird«, sagte Brux weiter. Ob der Bundestag so schnell die Zivilprozessordnung ändern könne, »vermag ich nicht zu kommentieren«, ergänzte der Sprecher der Senatsjustizverwaltung. Mehrere Initiativen hatten in Berlin in den vergangenen Tagen gefordert, Zwangsräumungen von Wohnungen auszusetzen. Einem Bericht der »Berliner Morgenpost« (Donnerstag) zufolge haben einige Wohnungsunternehmen in Berlin beschlossen, aktuell auf Zwangsräumungen und fristlose Kündigungen zu verzichten. Dazu zählen dem Bericht zufolge etwa die Deutsche Wohnen, Gewobag, Howoge und Covivio. Auch kommunale Unternehmen wie die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte und die Degewo wollten aktuell auf die Durchsetzung gerichtlicher Räumungstitel verzichten, berichtet die Zeitung.
10:50 Uhr: Spahn kündigt für Donnerstag Lieferung von zehn Millionen Atemschutzmasken an
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat für Donnerstag die Lieferung von zehn Millionen Atemschutzmasken für das Gesundheitswesen in Deutschland angekündigt. In einem »stern TV Spezial« sagte Spahn am Mittwochabend im Sender RTL, die ersten zehn Millionen Masken könnten endlich an Ärzte, an kassenärztliche Vereinigungen und an die Bundesländer ausgeliefert werden. »Es hat lange gedauert, wir haben viel auch auf der Welt nach Lieferanten suchen müssen.«
Mancherorts waren Atemschutzmasken wegen der starken Ausbreitung des Coronavirus knapp geworden. Angesichts teilweiser Engpässe auch bei den Testverfahren räumte Spahn ein: »Wir können und schaffen es nicht, hunderttausende Bundesbürger jeden Tag zu testen.« Das gäben die Kapazitäten nicht her, obwohl Deutschland weltweit mit die größten Testkapazitäten habe. Bei den Tests müsse man sich »auf die konzentrieren, wo es tatsächlich auch sinnvoll ist«. Das seien diejenigen, die aus Risikogebieten kommen und auch Symptome zeigen.
10 Uhr: Söder droht mit Ausgangssperre für ganz Bayern
Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus droht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nun ganz konkret mit einer Ausgangssperre für den ganzen Freistaat. »Wenn sich viele Menschen nicht freiwillig beschränken, dann bleibt am Ende nur die bayernweite Ausgangssperre als einziges Instrumentarium, um darauf zu reagieren. Das muss jedem klar sein«, sagte Söder am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Landtag in München. Man werde »nicht endlos zusehen«.
Söder sagte, es gebe Berichte, dass sich viele Menschen nicht an die Empfehlungen halten. Das schöne Wetter verführe zum Treffen mit Freunden an der Isar, im Englischen Garten, am Tegernsee oder an vergleichbaren Orte in Bayern. Es liege aber an jedem einzelnen, seinen Beitrag zu leisten. Söder rief explizit auch dazu auf, auf wechselseitige Einladungen von Kindern zu verzichten. Mit scharfen Worten kritisierte er unter anderem sogenannte »Corona-Partys«. Die erste Ausgangssperre in Bayern gilt seit Mittwoch in der oberpfälzischen Kleinstadt Mitterteich (Landkreis Tirschenreuth). Der Grund: Die stark steigende Zahl an Coronavirus-Infizierten dort. Zur Eindämmung des Coronavirus sollen nun auch im Landkreis Wunsiedel Ausgangssperren erlassen werden, kündigte Söder an. Auch dort gebe es hohe Fallzahlen.
09:35 Uhr: Conte: Ausgangssperre in Italien muss verlängert werden
Die Ausgangssperre in Italien wegen der Coronavirus-Pandemie muss nach Einschätzung von Regierungschef Giuseppe Conte über den 3. April hinaus verlängert werden. Es sei unvermeidbar, die verhängten Maßnahmen wie die Schließung von Schulen und Unternehmen zu verlängern, sagte Conte der Zeitung »Il Corriere della Sera« vom Donnerstag. In Italien gelten landesweite drastische Beschränkungen der Reise- und Versammlungsfreiheit, die bislang bis zum 3. April dauern sollen.
»Wir haben den Zusammenbruch des Systems verhindert, die restriktiven Maßnahmen wirken«, sagte der Regierungschef. Wenn nun »hoffentlich in einigen Tagen« der Höhepunkt erreicht sei und die Zahl der Ansteckungen zurückgehe, »können wir nicht sofort zum vorherigen Leben« zurückkehren.
Italien ist das am schwersten betroffene Land in Europa. Allein zwischen Dienstag und Mittwoch sind dort 475 Menschen im Zusammenhang mit der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 gestorben. Die Gesamtzahl der Toten liegt bei knapp 3000. In China, wo die Pandemie ihren Ausgang genommen hatte, starben bislang mehr als 3200 Menschen.
09:10 Uhr: China meldet erstmals keine Neuinfektionen
Zum ersten Mal seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus Anfang Januar hat China landesweit keine lokalen Neuinfektionen mehr gemeldet. Allerdings stieg die Zahl der Infizierten, die aus dem Ausland zurück in die Volksrepublik kamen - was Ängste vor einer möglichen zweiten Ausbreitungswelle schürt. Wie die Pekinger Gesundheitskommission am Donnerstag mitteilte, wurden 34 neue »importiere Fälle« registriert, also Erkrankungen, die bei Menschen auf der Einreise nach China nachgewiesen wurden. Es war der bisher höchste Anstieg von Erkrankten, die aus dem Ausland eingereist waren.
Bei diesen Rückkehrern handelt es sich zu einem großen Teil nicht um Ausländer, sondern um Chinesen, die unter anderem wieder in ihre Heimat kommen, weil sie annehmen, dass dort das Schlimmste nun überstanden ist. Insgesamt seien bislang 189 importierte Fälle festgestellt worden, wie die Kommission mitteilte.
Debatte um mögliche Ausgangssperren in Deutschland gewinnt an Fahrt
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie wird kontrovers über mögliche Ausgangssperren debattiert. Der Infektiologe und FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann sprach sich dafür aus. Sollte sich die Dynamik des Ausbruchs nicht bald verlangsamen, »steuern wir sehenden Auges auf eine Versorgungskatastrophe zu«, sagte Ullmann der Oldenburger »Nordwest-Zeitung« (Donnerstag). Deshalb seien weiterführende Maßnahmen wie eine vorübergehende nächtliche Ausgangssperre sinnvoll. Skeptisch äußerten sich hingegen der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank-Ulrich Montgomery, sowie der Helmholtz-Chefepidemiologe Gérard Krause.
Montgomery sagte, er setze auf Aufklärung und Vernunft. Freilich müsse man über die Art der Vermittlung nachdenken: »Vielmehr müssen wir Formate finden, mit denen wir junge Menschen und Alte erreichen, alle Bildungsniveaus abdecken und Nachhaltigkeit erzielen«, sagte er der »Nordwest-Zeitung«.
Der Epidemiologe Krause warnte eindringlich vor einer Ausgangssperre. Ein solcher »massiver Eingriff in den gesellschaftlichen Ablauf« könne die Gesundheitsversorgung gravierend beeinträchtigen, sagte der Leiter der Epidemiologie am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Donnerstag). Die Produktion von medizinischen Gütern und Medikamenten wie Insulin müsse ebenso gewährleistet bleiben wie die Versorgung mit Lebensmitteln. Und ein Einsatz staatlicher Gewalt zu Umsetzung einer Ausgangssperre »würde Probleme an anderen Stellen schaffen, die wir nicht gebrauchen können«, sagte Krause.
Der Staatsrechtler Ulrich Battis erklärte unterdessen, er halte in der Corona-Krise mögliche weitere Einschränkungen von Freiheitsrechten bis hin zu Ausgangssperren für verfassungskonform. »Das Notfallkonzept ist zwingend, verhältnismäßig und sehr einleuchtend«, sagte der emeritierte Professor der Berliner Humboldt-Universität der »Passauer Neuen Presse« (Donnerstag). Es gehe darum, die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten. Eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gegen die Einschränkung der Grundrechte hätte keine Chance. Es sei völlig klar, dass es in einer solchen Notlage Einschränkungen geben kann und muss, erklärte Battis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwochabend noch drastischere Maßnahmen gegen die Virusausbreitung nicht ausgeschlossen. »Wir werden als Regierung stets neu prüfen, was sich wieder korrigieren lässt, aber auch: was womöglich noch nötig ist«, sagte sie in der ersten außerplanmäßigen Fernsehansprache in ihrer fast 15-jährigen Amtszeit. Sie appellierte darin an die Deutschen, ihren Beitrag für die Eindämmung des Coronavirus zu leisten und Sozialkontakte zu meiden. Abstand sei jetzt Ausdruck von Fürsorge, sagte Merkel.
Praktische Tipps undHinweise für die Coronakrise finden sie hier.
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