Arme Kinder leiden jetzt besonders
Kinderhilfswerk fordert Sonderfonds für Kommunen
Für Familien, die mit Kindern in die häusliche Quarantäne verbannt sind, sind dies keine leichten Zeiten. Doch hier gibt es wesentliche Unterschiede. Das Deutsche Kinderhilfswerk macht darauf aufmerksam, dass Kinder aus armen Familien unter den Folgen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie besonders leiden. Die Sorge trifft keine kleine Minderheit. Immerhin ist jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen - insgesamt 2,55 Millionen Kinder, wie der Kinderarmutsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts ausweist.
Die jetzigen Umstände sind für die betroffenen Familien besonders hart, und die Probleme zeigen sich häufig erst bei genauerem Hinsehen. So haben viele Tafeln derzeit geschlossen, und die Schulspeisung fällt auch weg. Immerhin 500 000 Kinder und Jugendliche gehören zum regelmäßig von den Tafeln versorgten Personenkreis, wie das Kinderhilfswerk feststellt. Familien, für die das Auskommen ohnehin schwierig ist, können durch die nun zusätzlichen Ausgaben für Lebensmittel in eine schwierige Lage geraten. Und erst recht können sie nicht auf teurere Produkte ausweichen, wenn der Vorrat an Produkten des alltäglichen Bedarfs in den Supermärkten auch noch knapp wird - etwa durch Hamsterkäufe.
Die Familien armer Kinder leben meist ohnehin in beengteren Verhältnissen; in Zeiten mit besonderem Stress bringt dies Extrabelastungen mit sich. So schlägt sich der Frust der Eltern, die jetzt mit dem Gedanken zu Hause bleiben müssen, dass sie womöglich arbeitslos werden, auch auf die Kinder nieder. Solche Voraussetzungen sind auch wenig optimal, um derzeitige schulische Versäumnisse auszugleichen oder wenigstens die auferlegten Hausaufgaben zu bewältigen. Effektives Lernen sei bei den betroffenen Kindern stark eingeschränkt, wie das Kinderhilfswerk feststellt - auch durch häufig fehlende technische Ausstattung. Zudem könnten Eltern mit niedrigem Bildungsniveau oftmals nur unzureichend beim Lernen helfen, gerade wenn die Kinder höhere Klassenstufen erreicht haben. Und Nachhilfelehrer oder kostenpflichtige Lernplattformen sind unerschwinglich.
Das Kinderhilfswerk fordert daher staatliche Unterstützung für von Armut betroffene Familien mit Kindern. Die Bundesregierung sollte jetzt eine unbürokratische Aufstockung des Regelsatzes prüfen. Zugleich könnten die Bewilligungsformalitäten gelockert werden, um die Leistungen des im vergangenen Jahr beschlossenen Bildungs- und Teilhabepakets zugänglicher zu machen. Und einen Sonderfonds für Kommunen schlägt das Kinderhilfswerk vor, um Bildungsprogramme für arme Kinder zu finanzieren.
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