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- Coronakrise
Leere Kassen statt wilder Nächte
Berliner Clubs wie das »Cassiopeia« aus Friedrichshain fürchten um ihre Existenz
»Den Laden so völlig ohne Leben zu sehen, bricht mir das Herz«, sagt Iana Oswald und zeigt auf die leere Tanzfläche vor ihr. Dort, wo an einem guten Wochenende schon mal bis zu 1500 Besucher zu Hip-Hop, Reggae oder Dancehall dicht an dicht feiern, herrscht gähnende Leere. »Ein Club lebt von den Emotionen und dem Körperkontakt zwischen den Gästen«, sagt Oswald. »In Zeiten von sozialer Distanz ist das natürlich ein absolutes No-Go.«
Oswald betreibt seit einigen Jahren das »Cassiopeia« auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain. Der 2005 in einer umfunktionierten Industriehalle gegründete Club wird von Berlinern und Touristen gleichermaßen für seine Partys und Konzerte mit internationalen Künstlern am Wochenende sowie für seine politischen Veranstaltungen unter der Woche geschätzt. Inhaberin Oswald ist trotz der auch in Berlin in diesen Tagen geltenden Ausgangsbeschränkungen in die Revaler Straße gekommen, um nach dem Rechten zu sehen.
Wie alle Clubs und Bars in der Hauptstadt ist auch das »Cassiopeia« seit dem 13. März wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Vorerst bis zum 19. April. Ob es bei diesem Datum bleibt und danach wieder getanzt werden darf, ist derzeit noch völlig offen. »Es ist mir bewusst, dass wir alle unseren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten müssen«, sagt die Clubbetreiberin. Dennoch: »Ein plötzlicher Katastrophenfall wie dieser trifft meinen Betrieb wirtschaftlich mit voller Härte«.
Oswald ist seit zwei Wochen fast täglich in telefonischem Kontakt mit ihren Angestellten, die wegen der Corona-Pandemie von einem auf den anderen Tag keine Beschäftigung mehr haben. »Ich habe keinerlei Rücklagen und habe auch noch keine Ahnung, wie ich meine Angestellten Ende des Monats bezahlen soll«, sagt die junge Frau. Wenn es nötig ist, wolle sie einen Kredit aufnehmen. Dann könnten die auch trotz der Schließung anfallenden Kosten wie Löhne, Miete und Betriebskosten gedeckt werden. Immer vorausgesetzt, die Bank ist bereit, ihr den Kredit auch zu gewähren.
»An meinem Club hängen Existenzen«, sagt Oswald. Sie hat sich ausgerechnet: Ein Monat Schließung bedeutet für sie einen finanziellen Ausfall von rund 100 000 Euro - allein für den Partybetrieb am Wochenende. Die ausbleibenden Einnahmen für kulturelle Events und Konzerte, die sonst regelmäßig in den Räumen des »Cassiopeias« stattfinden, sind in dieser Kalkulation nicht mal mit eingerechnet. »Die Corona-Krise trifft die gesamte Wirtschaft in Deutschland«, sagt die gebürtige Bayerin. »Die Clubszene sowie die gesamte alternative Kiezkultur in Berlin mit den vielen Soloselbstständigen und prekären Beschäftigten ist ganz besonders betroffen.«
Tatsächlich geht es derzeit vielen Clubbesitzern und Kulturschaffenden in Berlin wie der Friedrichshainer Kollegin. Durch die zur Eindämmung der Corona-Pandemie erzwungene Schließung fürchten die Inhaber sowie die etwa 9000 Mitarbeiter der Clubszene der Stadt um ihre Existenz. Der rot-rot-grüne Senat ist sich der dramatischen Lage für die kulturelle Infrastruktur bewusst und hat bereits finanzielle Soforthilfen für Soloselbstständige und Kleinunternehmer in Höhe von 100 Millionen Euro beschlossen.
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) forderte zu Wochenbeginn Unterstützung auch von der Bundesregierung. »Gerade im Kulturbereich leben Menschen in besonderer Weise in prekären Verhältnissen, daraus resultiert eben auch eine besondere Verpflichtung der öffentlichen Hand von Bund und Ländern, sich um diese Menschen zu kümmern«, so der Linke-Politiker. Oswald stimmen solche Aussagen optimistisch. »Die Berliner Politik weiß um die Sorgen und Nöte der Kultureinrichtungen«, sagt sie. »Ohne die kleinen Clubs, Bars, Kinos, Theater und alle anderen Orte, wo Menschen für Lebensfreude und Kulturgenuss zusammenkommen, wäre Berlin nicht die Stadt, die sie ist.«
Ob die von der Politik in Aussicht gestellte Summe zur Rettung der Einrichtungen allerdings ausreichen wird, um alle Existenzen in der Berliner Kulturlandschaft zu sichern, kann noch niemand voraussagen. Entscheidend dafür wird das Verhalten der Gesamtgesellschaft sein und die Frage, wie schnell die Corona-Pandemie zu bändigen ist.
Clubbetreiberin Oswald will nicht tatenlos auf das Ende der Krise warten. Statt wie andere Berliner Clubs durch DJ-Auftritte per Livestream virtuelle Eintrittsgelder einzusammeln, hat Oswald im Internet einen Spendenaufruf gestartet. Unter dem Hashtag savecassiopeia kann jeder, der das »Cassiopeia« unterstützen will, seinen Beitrag leisten. Ziel sind 10 000 Euro. Nach neun Tagen sind bereits über 7500 Euro zusammengekommen. Das freut die Chefin. »Ich glaube, für viele Menschen ist das «Cassiopeia» eine echte Institution, die sie auch für die Zukunft erhalten möchten.«
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