Wo ein Wille, da ein Radweg

Berlin räumt Fahrrädern in der Coronakrise mehr Platz auf den Straßen ein

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Friedrichshain-Kreuzberg hat auch während der Corona-Pandemie die Verkehrswende im Blick. An zwei Stellen im Bezirk wurde am Mittwoch temporär die Radinfrastruktur erweitert. In der Zossener Straße steht Zweiradfahrern vor der Kreuzung Gitschiner Straße eine vergrößerte Aufstellfläche zur Verfügung. Außerdem wurde am Halleschen Ufer eine gesonderte Fahrradspur vom U-Bahnhof Hallesches Tor bis zur Bezirksgrenze in Höhe des Technikmuseums mit einer gelben Baustellenmarkierung und Warnbaken abgeteilt.

Damit folgt der Bezirk Vorbildern wie der US-amerikanischen Metropole New York und der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Im Zuge der Corona-Pandemie hat diese auf knapp 120 Kilometern des Hauptstraßennetzes je eine Spur exklusiv für Fahrradfahrer abgeteilt.
Von diesen Dimensionen ist Berlin noch weit entfernt. Allerdings handelt es sich bei dem gemeinsamen Vorgehen von Senatsverkehrsverwaltung und Bezirk um ein Pilotvorhaben. Damit solle ermittelt werden, »inwieweit sich kurzfristig die Kapazität der urbanen Radverkehrsanlagen erhöhen lässt«, heißt es in einer Mitteilung.

Felix Weisbrich, Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes des Bezirks bezeichnet die Testphase nach 24 Stunden auf nd-Anfrage als abgeschlossen. »Es hat keine Probleme gegeben.« Nun werden weitere Straßenabschnitte im Bezirk auf Eignung untersucht, zum Beispiel der Kottbusser Damm.

Vorrangiges Ziel sei es, »die aktuell vermehrt stattfindende Nutzung des Fahrrades unter besserer Wahrung der Sicherheitsabstände gemäß der Covid19-Eindämmungsverordnung zu ermöglichen«, so der Bezirk Das spürbar gesunkene Autoverkehrsaufkommen lasse dies zu. Die auf die Pandemie befristete Maßnahme sei vergleichbar mit der Einrichtung temporärer Busspuren bei Schienenersatzverkehr.

Die aus dem Volksentscheid Fahrrad hervorgegangene Initiative Changing Cities begrüßt das Vorgehen. »Berlin besitzt mit dem Mobilitätsgesetz eine einmalige gesetzliche Grundlage, um zügig pandemietaugliche und sichere Radinfrastruktur zu schaffen. Wir brauchen jetzt stadtweit Task Forces, die verkehrsrechtliche Anordnungen treffen und diese gleich vor Ort umsetzen«, fordert Vorstandsmitglied Denis Petri.

Kristian Ronneburg, Verkehrsexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, ruft »die anderen Bezirksämter dazu auf, nach ihren Möglichkeiten die Einrichtung von temporären Radfahrstreifen ebenso zu prüfen«. Er verspricht sich von dem Versuch »wertvolle Erkenntnisse, um künftig die Verwaltungsvorgänge bei der Anordnung von Radfahrstreifen zu beschleunigen«.

»Die schnelle Reaktion in der Krise zeigt auch: Wo ein Wille, da ein Fahrradweg«, lobt Frank Masurat, Vorstandsmitglied des Fahrradclubs ADFC Berlin. Sichere Radwege entlasteten durch vermiedene Unfälle auch das Rettungswesen. »So ein Tempo wünschen wir uns von Senat und Bezirken auch bei der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes«, so Masurat weiter.

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