- Politik
- Coronavirus in den USA
Jetzt sind wir alle Sozialisten
Max und Moritz analysieren im Chat mit Oliver Kern jede Woche den US-Wahlkampf
Wer fordert am 3. November Donald Trump heraus? Und wird Trump die US-Präsidentschaftswahl verlieren, oder zerstreiten sich die Demokraten? Oliver Kern chattet einmal in der Woche mit Max Böhnel und Moritz Wichmann über Streiche, Strategien und Strapazen im US-Wahlkampf.
Hallo Moritz. Lass uns heute mal über das Rettungspaket sprechen, das der Kongress diese Woche mitten in der Corona-Pandemie beschlossen hat. Was steht drin, und wie teuer wird‘s?
Das Paket hat einen Umfang von 2 Billionen US-Dollar, also 2000 Milliarden!
Nicht schlecht.
Davon sollen 500 Milliarden in Kreditform an Großunternehmen gehen, über 360 Milliarden an Kleinunternehmen und 150 Milliarden an Krankenhäuser. Das Arbeitslosengeld wird für vier Monate um 600 Dollar pro Woche aufgestockt. Der Durchschnittsverdiener bekommt dann genauso viel, wenn er arbeitslos wird, wie er vorher im Job verdient hat. Für Niedriglohnarbeiter gibt‘s sogar ein bisschen mehr. Das haben die progressiven Demokraten durchgesetzt. Genauso, dass Donald Trump, seine Familie und alle Regierungsangehörige keine Mittel aus dem Hilfspaket erhalten dürfen. Es gab ja die Angst, dass das ein Schmiergeldfonds wird.
Reicht das, um die Epidemie in den USA einzudämmen?
Es steckt viel Geld für Firmen drin, aber recht wenig für die Bundesstaaten, die den Virus gerade bekämpfen, nämlich nur274 Milliarden. Selbst in dem Geld für Krankenhäuser wird wohl eher das unzureichende bestehende System unterstützt.
Also kein Geld für neue Masken, Anzüge und Ventilatoren?
Kaum. Die einzelnen Staaten konkurrieren um diese Dinge. New York ist derzeit am schlimmsten betroffen, und Gouverneur Andrew Cuomo forderte die Bundesregierung auf: »Gebt uns alles, was ihr habt! Und wenn die Welle bei uns durch ist, fahre ich die Beatmungsgeräte persönlich in den nächsten Staat, der sie braucht.«
Zwei Billionen sind viel Geld, vor allem beschlossen von Republikanern, die stets den kleinen Staat propagierten.
In der Krise sind wir alle Sozialisten. Das Tempo, mit dem sich die Republikaner nach links bewegt haben, ist atemberaubend. »Small Government« ist politisch, ideologisch tot.
Die Demokraten haben zwischendurch trotzdem zweimal im Senat auf die Bremse treten müssen, um Änderungen durchzudrücken. Stehen sie damit dann nicht als Blockierer da?
Traditionell bekommt in einer Krise die Regierungspartei die Schuld, wenn nicht schnell gehandelt wird. Die Republikaner standen also mehr unter Druck.
Es wurde auch beschlossen, 1200 Dollar an jeden Amerikaner zu verteilen. Klingt nett.
Auf jeden Fall. Es gab eine Dynamik, in der Trump und einzelne Republikaner zumindest rhetorisch die Demokraten fast links überholt hätten, als deren Anführer, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, zunächst Direktgeldzahlungen nur nach Bedürftigkeitsprüfungen wollten. Da entstand der Eindruck, die Demokraten seien Technokraten. Dann haben sie aber draufgelegt und forderten 1500 Dollar, die Parteilinke um Bernie Sanders sogar 2000 Dollar – pro Monat!
Die Republikaner sprechen stets von den zu stützenden Märkten. Zeigt das nicht, dass es ihnen gar nicht um die Menschen geht?
Ja. Wir wissen, das ist alles nur Show. Aber was im November bei den Wahlen zählt, ist der Eindruck, der beim Wähler entsteht. Trumps Basis will nur, dass der Präsident sichtbar für sie kämpft. Die Leute sind nicht doof: Sie wissen auch, dass er nicht einfach mit dem Finger schnippst, und Dinge ändern sich sofort.
Wahlkämpfe werden im Internet-Zeitalter wieder billiger. Die Republikaner sind daher nicht mehr so sehr auf ihre Großspender angewiesen. Das macht es leichter, nach links zu rücken. Nur eine steile These?
Ich würde sagen, das ist es. Trump reagiert nur oberflächlich auf die populistische Grundstimmung im Land. Aber er will, dass die Republikaner die Partei des weißen Arbeiters wird. Und wenn sie eine rechte Sozialpolitik macht, wie wir sie aus Polen und Ungarn kennen, wird es schwierig für die Demokraten, Wahlen zu gewinnen.
In den ersten beiden Folgen von Max & Moritz ging es um das Comeback von Joe Biden am Super Tuesday und wie die Coronakrise den Wahlkampf sowie die Frage, welche Chancen Bernie Sanders noch hat.
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