Hausbesitzer müssen mitzahlen

Wissenschaftler: Nicht nur Mieter dürfen Kosten von Corona tragen müssen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Für die über 150 Unterzeichner des am Freitag veröffentlichten Offenen Briefs ist klar: Die beschlossene Gesetzesänderung im Bund, aufgrund der Coronakrise aufgelaufene Mietschulden der Monate April bis Juni bis 2022 zu stunden, »greift zu kurz«. Es müsse »auch die Immobilienwirtschaft unmittelbar beteiligt und Mietschulden erlassen werden«, fordern die Wissenschaftler deutscher und europäischer Hochschulen. Für Vermieter, die dieses Vorgehen nachweislich in finanzielle Bedrängnis bringt, soll ein Härtefallfonds aufgelegt werden – sie denken dabei vor allem an oft knapp kalkulierende kommunale und genossenschaftliche Anbieter von Wohnraum.

Besonders Selbstständige und Beschäftigte mit niedrigem Einkommen kann die Coronakrise hart treffen, wenn wegen fehlenden Aufträgen und Kurzarbeit das Geld für den Lebensunterhalt nicht reicht. Für Wohnungslose ist die erhöhte Ansteckungsgefahr in Sammelunterkünften das Problem. Die Unterzeichner fordern daher deren Unterbringung in Hotels und leeren Wohnungen.

»Die Krisenkosten dürften nicht auf die Mieter*innen abgewälzt werden, während andererseits Immobilienunternehmen weiter die Renditeerwartungen garantiert werden«, erklärt auch die Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez aus Berlin-Kreuzberg.

Besetzen in Zeiten von Corona
In Berlin werden zehn Wohnungen für Obdachlose besetzt und die Aktion live übertragen

Neben dem Kündigungsschutz seien »weitere Schritte erforderlich, denn unsere Sozialsysteme bieten für Mietschulden im erwarteten Umfang bislang keine Lösungen«, heißt es von Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.

Der Mietrechtsexperte Professor Markus Artz von der Universität Bielfeld hat im »Spiegel« darüber hinaus auf Formulierungsfehler im vom Bundestag vergangene Woche verabschiedeten Gesetz hingewiesen, die den intendierten Kündigungsschutz für Wohnungs- und Gewerbemieter stark aushöhlen. Trotz eines entsprechenden Hinweises von ihm habe das Bundesjustizministerium darauf nicht reagiert, erklärte Artz.

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