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Wertewandel in Krisenzeiten
Stefan Otto über den Vorschlag der SPD für eine Corona-Vermögensabgabe
Manchmal scheint es, als würden wir im Ausnahmezustand unsere Ansichten neu justieren. Vielleicht schärfen wir gerade dann den Blick für das Wesentliche und erkennen, dass die Wertschätzung für Berufe mitunter ungerecht ist. Pfleger oder Kassiererinnen, denen die notwendige Anerkennung lange verwehrt wurde und die mies bezahlt werden, gelten plötzlich als systemrelevant. Möglicherweise öffnet sich mit einem veränderten Gerechtigkeitsempfinden ein Fenster für eine sozialere Politik. SPD-Chefin Saskia Esken hat diesbezüglich schon mal vorgefühlt. Sie fordert - ebenso wie Politiker der Linken - eine Vermögensabgabe, um die erwartete Rezession abzumildern.
Für den Zeitpunkt der Forderung wurde Esken kritisiert. Zu früh komme der Vorschlag, heißt es. Die Bundesregierung habe gerade die Schatulle aufgemacht und Hilfspakete geschnürt. Aber die wirtschaftlichen Sorgen vieler sind trotzdem enorm. Kleinunternehmer und Selbstständige rechnen damit, dass sie von der Wirtschaftskrise mit voller Wucht getroffen werden. Tatsächlich steigt die Arbeitslosigkeit. Viele Kurzarbeiter werden ergänzend Hilfen beantragen müssen. Angesichts dieser Not könnte ein Lastenausgleich, den Wohlhabende zahlen, mehrheitsfähig sein. Und zwar nicht nur als symbolischer Akt: Schließlich wird die Staatsverschuldung enorm steigen und der vereinbarte Tilgungszeitraum von 20 Jahren sehr kurz sein.
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