- Politik
- Coronakrise
Alles vliest
Kurt Stenger über die neue deutsche Förderpolitik
Vlies ist in Zeiten der Coronakrise der Stoff, aus dem die Träume sind. Da er sehr viel feiner als etwa Baumwolle ist und besser die Luft filtern kann, wird Vlies für alle Schutzmaskenarten benötigt. Produziert wird auch in Deutschland, während das arbeitsintensive Nähen lange Zeit fast nur noch in China stattfand. Das ändert sich gerade, daher will die Regierung eine Knappheit des Vorproduktes in Zukunft mittels Abnahmegarantien und Investitionsförderung vermeiden.
Der jetzige Kabinettsbeschluss zeigt indes das ganze Elend der derzeitigen Hauruck-Maßnahmen. Die strukturellen Probleme des durch Sparzwänge angeschlagenen Gesundheitssystems, die sich auch an der Maskenknappheit festmachen, bleiben unangetastet. Mit Blick auf die Marktwirtschaft ist die Vliesförderung unfair gegenüber den Herstellern anderer nicht minder lebenswichtiger Produkte. Komplett unfair wird es, wenn man es international betrachtet. So wird die Vliesproduktion in Staaten auch in der EU ruiniert, die sich solche Subventionen nicht leisten können. Wäre es nicht besser, im Marshall-Plan für Afrika des Entwicklungsministers den Aufbau einer Nähindustrie dort zu fördern?
Das Motto der Regierung lautet: Alles vliest - aber nur im eigenen Land. Das ist ja das Grundproblem der Reaktionen auf die Coronakrise, dass diese rein protektionistisch sind. Letztlich macht die Bundesregierung im Kleinen das, was man bei Donald Trump immer kritisiert hat. Eigentlich fehlen nur noch Strafzölle für Importe von Masken ohne German Vlies.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.