Krise beschleunigt Pläne zum Grundeinkommen

Spaniens Regierung will dauerhafte Mindestabsicherung einführen

Die Krise wirkt als Beschleuniger: Spaniens seit Januar regierende Mitte-links-Regierung aus sozialdemokratischer PSOE und linker Podemos (Wir können es) zieht ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag vor: Die sogenannte renta mínima oder das sogenannte ingreso mínimo (Grundeinkommen bzw. Mindesteinkommen) soll zügig kommen. Es steht schon als Ziel im Koalitionsvertrag der ersten spanischen Koalitionsregierung nach Ende der Franco-Diktatur (1939-1975). Podemos-Chef Pablo Iglesias bekräftigte in einem Interview mit der linken Onlinezeitung el.diario: »Über das Mindesteinkommen wurde bereits diskutiert und es ist klar, dass es verabschiedet werden muss.«

Die Höhe des spanischen Grundeinkommens orientiert sich an dem, was den massenhaft aufgrund der Coronakrise aus ihren Arbeitsverträgen entlassenen Zeitarbeitnehmer*innen bereits zugesprochen wurde: etwa 440 Euro pro Monat. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen stieg im März so stark wie noch nie um 302.265 Personen. Insgesamt eine Million Jobs sollen durch die Corona-Krise bereits vernichtet worden sein.

Dass Spanien in der Armutsbekämpfung gewaltigen Nachholbedarf hat, stellte der Minister für Sozialversicherung und Migration, José Luis Escrivá, bereits in seiner vorherigen Funktion als Leiter der »Unabhängigen Behörde für die Steuerverantwortung« (Airef) fest. Da haben Escrivá und sein Team bereits die Notwendigkeit eines Mindesteinkommens für Spanien deutlich gemacht. So schrieb die Airef 2019: »Im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern hat Spanien keine staatliche Leistung, die das allgemeine Armutsrisiko abdeckt.« Escrivá war damals schon ein Fürsprecher für ein Grundeinkommen, das das Armutsrisiko abdeckt. Das ist nun durch die Coronakrise merklich angestiegen. Und das ist der Grund, warum derzeit fieberhaft an einem Erlass zur Einführung eines Mindesteinkommens für Familien ohne Einkommen gearbeitet wird. Federführend ist Escrivá, aber auch Pablo Iglesias als die Sozialpolitik koordinierender stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsministerin Nadia Calviño beteiligt. Calviño ist wie Iglesias eine von vier stellvertretenden Ministerpräsident*innen.

Dass dieses Grundeinkommen, das mit dem Begriff Mindesteinkommen besser beschrieben ist, nicht nur zur Abfederung der jetzigen Krise eingeführt, sondern dauerhaft im Sozialsystem verankert werden soll, ist kein Grund zur übermäßigen Freude: Es verweist auf die Schwäche des nicht armutsfesten Sozialsystems.

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