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Schluss mit der Kleinstaaterei
Martin Kröger begrüßt das Gerichtsurteil zur Einreisesperre
Sicher, das Thema ist heikel: Dürfen Landkreise Menschen, die einen Zweitwohnsitz in ihrem Gebiet haben, die Einreise wegen der Corona-Pandemie verweigern? Was beispielsweise für Ferieninseln wie Usedom oder Sylt durchaus plausibel erscheint, weil die lokalen Gesundheitsstrukturen einen großen Ausbruch der Lungenkrankheit Covid-19 kaum beherrschen könnten, sieht beim Landkreis Ostprignitz-Ruppin in Brandenburg anders aus. Dort meinte man, eigene Verordnungen zu erlassen, ohne rechtliche Grundlage, was einen Rückfall in finsterste Kleinstaaterei darstellt.
Es ist deshalb gut, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg diesem populistischen Treiben, das nur das Klischee von der von außen drohenden Gefahr befeuerte, faktisch ein Ende bereitete. Richtig ist: Ja, alle Kontakt- und Abstandsgebote müssen strikt befolgt werden, damit sich die Infektionen mit dem Coronavirus nicht weiter ausbreiten und die Infektionskurve abflacht. Falsch ist, die Pandemie-Ausbreitung zu instrumentalisieren, um ohne Befugnis seine eigene Corona-Pandemie-Bekämpfung zusammen zu fantasieren. Fakt ist: Es gibt keine rechtliche Grundlage für innerdeutsche Reisebeschränkungen, die sich aus dem Infektionsschutzgesetz des Bundes ableiten lassen, nur die Außengrenzen können dichtgemacht werden, so wie geschehen.
Abgesehen von der rechtlichen Grundlage macht eine Abschottung von Landkreisen auch aus der Perspektive des gesunden Menschenverstandes keinen Sinn: Es geht überall, egal ob Stadt oder Dorf darum, dass sich die Menschen an die Kontaktbeschränkungen halten. Berlinerinnen und Berliner, die zu zweit oder in ihrer Kernbezugsgruppe durch die Mark streifen, gefährden niemanden. Im Gegenteil: Sie stärken ihr Immunsystem und wirken einer Verbreitung des Virus damit entgegen. Der ressentimentgetriebene Flurschaden, den Gegensatz zwischen Land und Stadt zu verstärken, ist gleichwohl bereits entstanden.
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