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Neue Zweifel an der Grundrente

Unionspolitiker mit finanziellen Einwänden, die Rentenversicherung mit technischen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Streit um die Grundrente begleitet die Große Koalition praktisch, seit sie das Vorhaben in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hat. Die Union mäkelte am Herzensprojekt der SPD so lange herum, bis nicht nur der Zeitplan hoffnungslos gefährdet, sondern die Rente selbst in Frage gestellt war. Nicht zuletzt waren es die Einwände der CDU und CSU, die das Vorhaben verkomplizierten. So bestanden sie lange auf einer Bedürftigkeitsprüfung, aus der nun eine Einkommensprüfung geworden ist, die aber die Bearbeitung durch die Verwaltung ungleich schwieriger macht.

Dennoch kam es zur Einigung: Die Grundrente soll ab Beginn des nächsten Jahres gelten. Eine Woche vor der Ersten Lesung im Bundestag aber ist es nun wieder soweit. Der CDU-Sozialexperte Peter Weiß wurde in Medien mit Bedenken zitiert, die Kosten für die Grundrente seien zu hoch und müssten für Überprüfung sorgen. Und das, nachdem gerade erst der Haushalt des kommenden Jahres verabschiedet worden war, in dem auch die Finanzierung der Grundrente fest vorgesehen ist.

Nun ist es die Corona-Pandemie, die neue Bedenken auslöst. Die Bundesregierung habe zur Bewältigung der Krise »einen riesigen Schuldenberg angehäuft«, sagte Weiß dem »Focus«. Deshalb sei die Finanzierung der Grundrente in der bislang geplanten Form nicht realisierbar. Zuvor hatte Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) verlangt, die Grundrente wegen der Krise auf Eis zu legen. Und auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände verlangt inzwischen, die Debatte über die Grundrente neu aufzurollen: »Die Politik sollte bei der Grundrente nicht mit dem Kopf durch die Wand.«

Corona ist auch das Zauberwort, das die Deutsche Rentenversicherung im Munde führt, um ihre Zweifel an der Realisierbarkeit des Vorhabens zu untermauern. Sachbearbeiter und IT-Fachleute säßen derzeit im Homeoffice und kämen nicht in der erhofften Geschwindigkeit voran. »Das ist natürlich ein limitierender Faktor für die Einführung der Grundrente«, erklärte der Sprecher der Rentenversicherung Bund, Dirk von der Heide, gegenüber der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«.

Tatsächlich hatte die Rentenversicherung bereits vor Monaten deutlich gemacht, dass sie mit dem deformierten Ergebnis, das die Koalitionspartner in ihrem Gerangel um die Details der Grundrente vom ursprünglichen Projekt übrig gelassen hatten, hoffnungslos überfordert ist. Die »geringe Beachtung der Verwaltung« sei aus ihrer Sicht sachlich nicht gerechtfertigt, hatte die Präsidentin der Rentenversicherung, Gundula Roßbach, im November letzten Jahres diplomatisch, aber deutlich formuliert, »denn jede Reform wird letztlich auch danach beurteilt, wie sie umgesetzt wird«.

So erfordert die von der Union durchgesetzte Einkommensprüfung weitreichende Abstimmungen zwischen Rentenversicherung und Finanzverwaltungen, die es bisher nicht gibt. Der Aufbau vergleichbarer Verfahren habe »in der Vergangenheit in der Regel mehrere Jahre gedauert«, hatte Roßbach der Bundesregierung in einer Stellungnahme beinahe etwas ungläubig entgegengehalten. Die Verwaltung muss immerhin für 21 Millionen Versicherte prüfen, ob sie Anspruch auf die Grundrente haben.

Auch der DGB hatte die Verkomplizierung des Vorhabens kritisiert. So wies Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach darauf hin, dass die Unionsparteien Abschläge auf die Grundrente durchgesetzt und auf einer Einkommensprüfung bestanden hätten, die die Ursachen für den erhöhten Verwaltungsaufwand bildeten, »den die Konservativen damit zu verantworten haben - und gleichzeitig nicht müde werden zu beklagen«.

Ungeachtet der neuerlichen Bremsversuche aus den Reihen der Union beharrt die SPD bisher auf dem geplanten Zeitplan. So sei es verabredet, und so werde es durchgesetzt. SPD-Chefin Saskia Esken nannte es unbegreiflich, den Beschluss nun inmitten der Corona-Krise infrage stellen. Also gerade jetzt, da alle Welt über die nötige finanzielle Honorierung bisher schlecht bezahlter systemerhaltender Berufsgruppen diskutiert. Denn dies betrifft gerade jene Menschen, die von der Grundrente überproportional profitieren würden. Sie wird deshalb auch als Respektrente bezeichnet. Mit dem Argument waren auch die Versuche der Union zurückgewiesen worden, die Grundrente an die Voraussetzung einer Bedürftigkeitsprüfung zu knüpfen. In Zeiten von Corona die Grundrente in Frage zu stellen, zeuge von mangelndem politischen Verantwortungsbewusstsein, erklärte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Mast. Mit Agenturen

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