Studierenden brechen die Nebenjobs weg
SPD fordert Öffnung des Bafög, was die Ministerin rigoros ablehnt
Viele Studierende sind während der Coronakrise in eine Notlage geraten. Sie jobben in Cafés, auf Messen, übernehmen Bürotätigkeiten - oft in Branchen, die vom Shutdown besonders betroffen sind. Für fast jeden zweiten Studierenden im Nordosten ist der Nebenerwerb derzeit ausgesetzt worden, wie eine Befragung von 3000 Studierenden ergab, die der Allgemeine Studierendenausschusses (Asta) in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt hat. 15 Prozent arbeiten demnach weniger, etwa genau so vielen wurde gekündigt. Als Reaktion auf diese Notlage forderte der Asta unbürokratische Hilfen: »Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden. Ansonsten werden einige ihr Studium aus der Not heraus abbrechen müssen«, sagte Asta-Sozialreferentin Charlotta Sieve.
Wie solche Hilfen aussehen können, darüber streitet gerade auch die Große Koalition. Die SPD plädiert für eine umgehende Öffnung der Ausbildungsförderung. Studierende, die eigentlich nicht Bafög-berechtigt sind, aber für ihren Lebensunterhalt jobben müssen, sollen kurzzeitig gefördert werden.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte einen solchen Schritt in dem Brief an die Kultusministerkonferenz vom Freitag als »nicht zielführend« bezeichnet. Das Bafög solle »nicht als reiner Zuschuss missverstanden werden«. Zudem würde ein solches Vorgehen »ein entsprechendes parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren nach sich ziehen«, was zu lange dauere. Sie schlägt indes vor, Studierenden ein zinsloses Darlehen zu gewähren.
Für den bildungspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Oliver Kaczmarek, ist das jedoch nicht hinnehmbar. Ohnehin würden Hilfen derzeit sehr unterschiedlich gewährt: Soloselbstständige oder Mittelständler etwa erhielten Zuschüsse, die sie nicht zurückzahlen müssen. Studierende sollten aber Kredite erhalten.
Die SPD stellt sich mit der Forderung auf die Seite des Deutschen Studentenwerks (DSW), das in einer Kreditaufnahme, wie sie Karliczek anstrebt, eine doppelte Bestrafung sieht. »Sie haben jetzt ihren Job verloren und müssen hinterher noch mehr arbeiten, um den Kredit abzuzahlen«, sagte DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde. Auch er sprach sich für eine Öffnung des Bafög aus. Ebenso der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Deren Vize-Vorsitzende, Elke Hannack, formulierte es so: »Der Ausschluss weiter Teile der Studierenden vom Bafög in der Krise« müsse aufgehoben werden. Tatsächlich wurden 2018 nur noch 13 Prozent der Studierenden gefördert.
Nicole Gohlke, Bildungsexpertin der Linksfraktion, meinte gar, das Bafög sei in den vergangenen Jahren »kaputtgewirtschaftet« worden. Sie regte dazu an, über die Ausbildungsförderung generell nachzudenken. Ganz konkret sollten aber nicht abgerufene Bafög-Gelder in Höhe von 920 Millionen Euro aus dem vergangenen Haushalt als Soforthilfe für Studierende eingesetzt werden.
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