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Rechte »Corona-Partys« in Sachsen

In Dresden und Chemnitz ging Pegida und Pro Chemnitz auf die Straße / Doppelte Standards der Polizei?

  • Henrik Merker
  • Lesedauer: 4 Min.

In Dresden vor der Frauenkirche wehten Montagabend wieder die Deutschlandfahnen, die Nationalhymne wurde schief angestimmt und mittelalte Männer trugen Pullover der rechtsextremen Modemarke Thor Steinar spazieren. Mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen kam eben auch Pegida zurück.

In Chemnitz hatte zur selben Zeit die rechtsextreme Kleinstpartei Pro Chemnitz einen Aufmarsch geplant. Die Stadt scheiterte mit einem Verbot vor dem Verwaltungsgericht. Die Richter urteilten, dass sich bis zu 15 Personen plus Organisatoren versammeln dürfen.

Doppelte Standards in Sachsen?

Medienberichten zufolge kamen bis zu 300 Rechtsextreme zum Karl-Marx-Kopf an der Chemnitzer Brückenstraße. Unter ihnen offenbar auch AfD-Stadtrat Nico Köhler und ein Mitarbeiter des AfD-Politikers Lars Kuppi, die Lokalreporter Bernd Rippert zufolge von der Polizei abgeführt wurden. Weitere Teilnehmer mussten mit Gewalt von der Kundgebung geräumt werden.

Ursprünglich sollten auch in Dresden mehr als die 15 Teilnehmer um Pegida-Organisator Siegfried Daebritz vor der Frauenkirche zusammenkommen. Die Dresdner Versammlungsbehörde hatte ursprünglich sogar 80 Teilnehmer genehmigt. Doch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert machte seiner eigenen Behörde - unter Berufung auf das Chemnitzer Urteil - einen Strich durch die Rechnung.

Wer in Dresden zu Pegida wollte, sollte nach Plänen der Versammlungsbehörde für eine halbe Stunde hinter einem Zaun aus Polizeigittern stehen. Doch wo die Polizei in Chemnitz hart durchgriff, ließ man in Dresden einiges durchgehen.

Um das Pegida-Gitter hatten sich Dutzende weitere Anhänger der völkischen Bewegung versammelt, die von der Polizei nur nicht auf die Versammlungsfläche gelassen wurden. An der Kundgebung selbst nahmen sie trotzdem klatschend und johlend teil.

»Die stehen ja auch schön die ganze Zeit zusammen und laufen in großen Gruppen immer weg«, beobachtete die Dresdner Aktivistin Nina, nachdem sie aus einer Polizeikontrolle kam. Aus ihrer Sicht legte die Polizei doppelte Standards an den Tag.

Ordnungswidrig: Plakat hochhalten

Pegida-Redner durften ohne Maske sprechen, in dasselbe Mikrofon, das sich auch alle anderen dicht vors Gesicht hielten. Ein Ordner trug ein großes Cutter-Messer bei sich, was sonst auf Kundgebungen als verbotene Waffe gilt.

Während andere Rechtsextreme in Gruppen von bis zu zehn Personen teils ohne Mundschutz zusammen standen, wurden Nina und zwei Freund:innen vor der Frauenkirche von Polizeibeamten umringt. Sie mussten ein Transparent einrollen, ihre Personalien wurden aufgenommen.

»Wir hatten ein Transparent vorbereitet, um unseren Unmut über die Meinungsäußerungen der Rassisten hier auf dem Platz kundzutun«, sagt Tobi, ein Aktivist Mitte 20 in dunkler Jogging-Kleidung. Er trägt einen weißen Mundschutz vor dem Mund, dicker Baumwollstoff, selbstgenäht.

Mit Nina und einer weiteren Freundin hielt er das fünf Meter lange Transparent. »Der Mindestabstand wurde auf jeden Fall dauerhaft gewahrt«, sagt er. Was die drei nicht verstehen ist das, was hinterher in der Polizeimeldung steht.

Sie sollen sich »wegen einer Ordnungswidrigkeit nach der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung verantworten«. Der Vorwurf: sie hätten »außerhalb einer Versammlung ein Plakat hochgehalten« und »auf das Ansprechen der Einsatzkräfte nicht reagiert«.

Polizist ignoriert Corona-Regel

Nina sagt, sie habe vor Ort mit dem Gruppenführer der Polizei gesprochen. Dabei sei es nur darum gegangen, dass die Dreiergruppe eine Versammlung sei und ihre Kontaktdaten aufgenommen werden müssten, falls bei jemandem Covid-19 ausbricht.

Mit derselben Begründung hatte die sächsische Polizei auch von Pegida die Daten aller Teilnehmer verlangt. In Leipzig entschied sich das Bündnis »Leipzig nimmt Platz«, eine angezeigte Protestkundgebung abzusagen, weil die Polizei auch dort die persönlichen Daten aller Teilnehmer haben wollte.

Die Dresdner Aktivist:innen sind der Ansicht, dass es ausreichen müsse, wenn die Hygiene- und Abstandsregeln bei einer Kundgebung strikt eingehalten werden. »Dann trotzdem die Daten aufzunehmen, das finde ich höchst bedenklich«, sagt Nina.

Und an die Hygieneregeln hielten sich nicht mal alle der eingesetzten Polizisten. Der Beamte, der mit Tobi am Transparent sprach, stand nur wenige Zentimeter von ihm entfernt. Er trug keinen Mundschutz. »Ich hab ihm gesagt, er soll die anderthalb Meter Abstand einhalten und sich erstmal seinen Mundschutz aufsetzen«.

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