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- 1. Mai
Unrecht macht keine Pause
Marie Frank über Protest am 1. Mai in Zeiten von Corona
Es ist ein Balanceakt, den die gesellschaftliche Linke zurzeit bewältigen muss: Auf der einen Seite steht der Infektionsschutz, der als solidarische Gemeinschaft ernst genommen werden sollte, um Risikogruppen nicht zu gefährden. Auf der anderen Seite ist auch in der Coronakrise das Elend dieser Welt nicht verschwunden, vielmehr zeigt sich der Kapitalismus in seiner ganzen unmenschlichen Härte. Wir, die privilegierten Menschen im Herzen der Bestie, dürfen diejenigen, die am meisten darunter zu leiden haben, nicht allein lassen und müssen auch in diesen Zeiten die Stimme gegen das Unrecht erheben.
Die Gefahr durch Corona ernst zu nehmen, bedeutet jedoch mitnichten, alle Maßnahmen, die dagegen getroffen werden, blind und unhinterfragt zu befürworten. Mögen einige davon sinnvoll sein, dienen andere lediglich dazu, das kapitalistische System und dessen ausbeuterische und diskriminierende Produktionsweise zu erhalten, statt die einzelnen Menschen zu schützen.
Und im Gegensatz zum Virus unterscheiden die Maßnahmen zwischen den Menschen - anhand von Nationalität, Geschlecht und Klasse. Spargelerntehelfer*innen sind dem deutschen Staat eben mehr wert als schutzsuchende Menschen. Neonazi-Demonstrationen sind ihm lieber als protestierende Flüchtlingsaktivist*innen. Und systemrelevant heißt halt noch lange nicht gut bezahlt.
Doch so muss es nicht bleiben. »Krise als Chance« bleibt eine neoliberale Worthülse, wenn die Menschen nicht selbst für progressive Veränderung kämpfen. Denn von allein wird sich dieses System nicht ändern. Der 1. Mai ist seit jeher der Tag, an dem der Klassenkampf auf die Straße getragen wird.
In den vergangenen Jahren ist er in Berlin zunehmend zur Folklore verkommen. Die aktuellen Entwicklungen könnten dazu beitragen, diesem Datum seine Bedeutung zurückzugeben. Denn ob unterbezahlte Pflegekraft oder illegalisierte Migrantin - der Kampf gegen den ausbeuterischen Kapitalismus eint sie alle.
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