Durch Mailand mit Tempo 30

Verkehrsplanung für gelockerte Corona-Regeln

  • Wolf H. Wagner
  • Lesedauer: 2 Min.

Am 4. Mai startet in Italien »Phase 2« im Umgang mit der Covid-19-Pandemie. Per Dekret stellte Premier Giuseppe Conte am vergangenen Sonntag den Regelkatalog für die langsame Öffnung des gesellschaftlichen Lebens vor. Etliche Industriebetriebe können demnach wieder die Arbeit aufnehmen. Parks und Gärten werden nach und nach zugänglich gemacht. Und ab Juni dürfen Bars und Restaurants unter Auflagen wieder Gäste empfangen.

Wichtigste Regel bleibt: Abstand halten! In Bussen und Bahnen sollen Plätze, die die Reisenden nutzen dürfen, besonders gekennzeichnet werden. An Haltestellen werden Kontrolleure Fieber messen. Wer über 37,5 Grad Celsius aufweist, wird von der Benutzung ausgeschlossen und zur ärztlichen Beobachtung nach Hause geschickt.

Innovative Ideen kommen von den Administrationen verschiedener Städte. In Mailand werden viele Straßen zu Tempo-30-Zonen erklärt. Solche, die bislang nur beschränkt befahren werden dürfen, sollen befristet mit der oben genannten Geschwindigkeitsbegrenzung für den individuellen Verkehr geöffnet werden. Damit, so Oberbürgermeister Giuseppe Sala, soll das öffentliche Leben allmählich belebt und es den Bürgern erleichtert werden, ihren Tätigkeiten nachzugehen. Die Ausweitung des Individualverkehrs sei dazu notwendig. Auch mit der Region Lombardei, so der Bürgermeister ihrer Hauptstadt, werde man sich abstimmen. Sala erklärt die neue Strategie an einem Beispiel: Die Metrostation Cadorna frequentierten in normalen Zeiten pro Stunde 6000 Menschen, in »Phase 2« würden nur 1500 möglich sein. Also längst nicht alle, die sich durch die Stadt bewegen wollen.

Sala sieht in den Notlösungen auch Optionen für die Zukunft. Außer den Straßen mit Tempolimit gehören dazu auch deutlich mehr Radwege für Mailand. Bis Ende Juni werden in einem ersten Schritt 36 Kilometer Fahrradstrecke gebaut oder gekennzeichnet. Darunter auch viele Radwege, die in Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung verlaufen. Wer die lombardische Metropole kennt, weiß, dass das Einbahnstraßensystem manchmal zu enormen Umwegen zwingt. Die Innenstadt mit dem Fahrrad zu durchqueren, kann bei weniger Verkehr und besserer Luft reizvoll und zeitsparend sein.

Die Abnahme des Verkehrs auf den Autobahnen und Stadtstraßen, weniger Flugverkehr und Industrieabgase sind für die Umwelt positive Effekte der Coronakrise. Die Luftverschmutzung in und um Mailand ist seit Ausbruch der Pandemie deutlich zurückgegangen. Dabei sank die Stickoxidbelastung seit Anfang März um 70 Prozent. Noch im Januar waren bei Feinstaub der Partikel PM10 und PM2,5 bis zu 96 Milligramm je Kubikmeter gemessen worden. Derzeit wird der Grenzwert von 50 Milligramm je Kubikmeter an keinem Mailänder Messpunkt überschritten. Abzuwarten bleibt, wie sich die Umweltdaten im Zuge der allmählichen Wiederbelebung von Wirtschaft und öffentlichem Leben entwickeln.

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