• Politik
  • Anti-Corona-Proteste in den USA

Für das Recht, das Virus zu kriegen

Rechte US-Amerikaner demonstrieren gegen Corona-Maßnahmen

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Tausende Konservative in den Vereinigten Staaten von Amerika fordern die Gouverneure auf, Schulen, Restaurants und andere Geschäfte zu öffnen, die wegen der Corona-Maßnahmen derzeit als nicht notwendig erachtet werden und deshalb geschlossen sind. Die Ausgangsbeschränkungen, mit denen die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamt werden soll, tun sie als Big-Brother-Taktiken ab, die an sowjetische Freiheitsverletzungen anknüpften.

Einige Demonstranten müssen arbeiten, um Rechnungen bezahlen zu können. Andere sind beleidigt, dass sie keinen Zugang zu Gottesdiensten haben. Wieder andere glauben nicht, dass das Coronavirus so gefährlich ist, dass die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden müsse.

Begonnen haben die Proteste am 15. April, als sich rund 4000 Menschen in Lansing, der Hauptstadt des Bundesstaates Michigan, versammelten, um gegen die Abriegelungen zu protestieren. Eine Woche später standen bewaffnete Demonstranten vor dem Amtssitz der Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, die als junger Star in der Demokratischen Partei gilt. Der Bundesstaat hat Gesetze, die es den Bürgern erlauben, in der Öffentlichkeit Schusswaffen offen zu tragen.

Nun könnten die Proteste, die von der Gruppe Konservative Koalition Michigan organisiert werden, erfolgreich sein. Am 24. April verlängerte Whitmer zwar die allgemeine Abriegelung des Bundesstaates bis zum 15. Mai, lockerte aber auch die Beschränkungen und erlaubte den Anwohnern, Golf zu spielen, Boot zu fahren und zu ihren Zweitwohnungen zu reisen. Zudem ließ sie die Ausübung von Berufen wie Landschaftsgärtner wieder zu und ermöglichte es kleinen Geschäften, wieder zu öffnen, wenn sie Maßnahmen zur Einhaltung von Abstandsregeln ergreifen. »Wir werden dies als die Vorstufe des wirtschaftlichen Anfahrens betrachten«, sagte Whitmer.

Doch der Konservativen Koalition reicht das nicht. »Ihre drakonischen Maßnahmen beruhen trotz Ihrer wiederholten Behauptungen nicht auf ›Wissenschaft‹«, schrieb die Gruppe am 25. April an Whitmer. Sie fordert die vollständige Öffnung der Wirtschaft in Michigan.

Die regionale Politik zieht Kreise bis nach Washington. Die Popularität von Präsident Donald Trump ist in den Umfragen gesunken, auch in Michigan, wo er 2016 mit leichtem Vorsprung vor seiner demokratischen Herausforderin Hillary Clinton gewann. Die Konservative Koalition bekommt Geld vom Michigan Freedom Fund, einer Gruppe, die konservative Anliegen unterstützt. Trumps Bildungsministerin, Betsy DeVos, hat dem Fonds mehr als 500 000 US-Dollar gespendet, etwa 462 000 Euro.

DeVos und ihre Familie evangelikaler Christen spenden seit vielen Jahren für Anliegen aller Art, die das Ziel haben, die Regierung einzuschränken. DeVos, eine Befürworterin von Charterschulen, die Verträge der öffentlichen Lehrergewerkschaft umgehen, ist mit Dick DeVos verheiratet. Der hat das Unternehmen Amway geerbt, welches von Kritikern als Pyramidensystem beschrieben wird. Ihr Bruder Erik Prince ist Gründer von Blackwater USA, einer Firma, die Söldner vermittelt.

Wie die Tea Party - eine weitere Organisation, die von reichen republikanischen Spendern gegründet wurde - haben die Anti-Blockade-Proteste eine Anziehungskraft an der Basis. In den Straßen von Worcester, einer Stadt etwa 55 Kilometer westlich von Boston im Bundesstaat Massachusetts, stehen Demonstranten an Straßenecken. Sie halten Schilder hoch, auf denen »Jesus liebt dich« und »Matthäus 24, 6-8« steht. Das Bibelzitat bezieht sich auf »Pestilenzen«, die das Ende der Welt ankündigen. Indem die Demonstranten mit ihrem Schild an einer Straßenecke stehen, widersetzen sie sich den Corona-Maßnahmen in Massachusetts, die ihnen vorschreiben, sich im Inneren aufzuhalten.

»Ich tue das für Sie«, rief kürzlich ein junger Demonstrant im Anzug, als Autos an einer roten Ampel an der Kreuzung anhalten mussten. »Ich bin hier, um Sie zu retten.«

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