Interpretationsmonopol

Haidy Damm über die erste virtuelle Hauptversammlung des Bayer-Konzerns

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 1 Min.

Bühnen im leeren Saal, das Publikum unsichtbar. Diese Erfahrungen machen in der aktuellen Coronakrise nicht nur Künstler*innen. Auch der Vorstand der Bayer AG hat erstmals in der Firmengeschichte eine virtuelle Hauptversammlung durchgeführt. Der angenehme Nebeneffekt: Proteste lassen sich noch leichter ignorieren, dem Publikum wird nur die eigene Interpretation der Welt präsentiert.

So zog Konzernchef Werner Baumann, im vergangenen Jahr noch massiv in der Kritik für seinen Monsanto-Deal, aus der Coronakrise die Erkenntnis, endlich sei wieder eine wissenschaftsbasierte Diskussion möglich. Zuvor seien Fachmeinungen nur noch akzeptiert worden, wenn sie der eigenen Ideologie entsprächen.

Er meint damit vor allem die Diskussion um Glyphosat. Jetzt kann man wieder ungestört dem eigenen Geschäftsmodell nachgehen: Zeit gewinnen, die mehr als 50 000 Kläger*innen allein in den USA warten lassen - um am Ende möglichst unbefristet das Ackergift weiter verkaufen zu können. Und in Europa nicht zugelassene Pestizide in Lateinamerika und Afrika weiter verscherbeln.

Anders als die Kulturbranche braucht der Bayer-Chef sein Publikum nicht. Im Gegenteil: So eine Hauptversammlung ist viel angenehmer, wenn die eigene Interpretation wissenschaftlicher Erkenntnisse die einzige ist.

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