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Antisemitische Angriffe gehen zurück

2019 ist es in Berlin laut Recherchestelle zu 202 weniger judenfeindlichen Vorfällen als im Vorjahr gekommen

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Die erfassten antisemitischen Vorfälle in Berlin sind im vergangenen Jahr um 19 Prozent zurückgegangen. Das geht aus den aktuellen Zahlen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) für 2019 hervor, die am Mittwochvormittag veröffentlicht wurden. So ist die Zahl der gemeldeten Angriffe in der Hauptstadt im Vergleich zum Vorjahr von 46 auf 33 gesunken. Auch die Zahl der gezielten Sachbeschädigungen ging von 43 auf 38 zurück, die erfassten Fälle verletzenden Verhaltens nahmen ebenfalls ab – von noch 831 Vorkommnissen im Jahr 2018 auf nun 648. Hierbei handelte es sich um schriftliche oder mündliche Anfeindungen, Propaganda oder Veranstaltungen mit antisemitischen Inhalten. Insgesamt erfasste RIAS im Jahr 2019 881 gemeldete Vorfälle und damit 202 weniger als im Vorjahr.

»Ob der gesellschaftliche Kampf gegen Antisemitismus und Israelhass nachhaltig Wirkung zeigt, können wir noch nicht sagen, dafür stehen wir noch zu sehr am Anfang der Entwicklung«, kommentierte RIAS-Mitarbeiter Alexander Rasumny die Zahlen. »Solange die bloße Anwesenheit von Juden auf der Straße oder im Internet für viele Menschen in Berlin Anlass für antisemitische Anfeindungen ist, gibt es keine Entwarnung.« Einen wesentlichen Faktor für den Rückgang der Vorfälle 2019 sieht Rasumny in der im Vergleich zum Vorjahr veränderten Debatte über Israel. »Entsprechende Themen standen vergangenes Jahr weniger im Fokus der medialen Öffentlichkeit als 2018, als die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt wurde«, sagte er. Dadurch habe israelbezogener Antisemitismus im zurückliegenden Jahr eine geringere Rolle gespielt.

Die Attacken richteten sich stattdessen häufig gegen jüdische und als jüdisch wahrgenommene Menschen. Angriffe auf diese Gruppe haben sich im Vergleich zu 2018 entgegen dem allgemeinen positiven Trend sogar von 19 auf 25 erhöht. Anders als die polizeilichen Statistiken nimmt die Recherchestelle in ihre Zählung auch versuchte Übergriffe mit auf und Taten, die nicht zu einer Strafanzeige geführt haben.

Während im Vorjahresvergleich jüdische und israelische Organisationen vor allem im Internet weniger betroffen waren, war das jüdische Gemeindeleben vermehrt Ziel von antisemitischen Taten. Hierzu zählt etwa der versuchte Angriff auf die Synagoge in der Oranienburger Straße in Mitte durch einen mit einem Messer bewaffneten Mann im Oktober kurz vor dem jüdischen Versöhnungstag Jom Kippur.

Bereits zum zweiten Mal in Folge hat das RIAS-Team in seinem diesjährigen Bericht die politischen Hintergründe der Täter erfasst. Den größten Anteil machte mit 29 Prozent – wie schon 2018 – das rechtsextreme Milieu aus. Antiisraelischer Aktivismus, etwa durch die international agierende Bewegung »Boycott, Divestment and Sanctions« (BDS), hatte einen Anteil von zehn Prozent und damit etwa gleich viel wie im Vorjahr. Bei 46 Prozent aller der RIAS bekannt gewordenen Vorfälle konnte aufgrund unklarer Hintergründe keine eindeutige Zuordnung zu einer weltanschaulichen Ideologie gemacht werden.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnte mit Blick auf die aktuelle Statistik vor einem Nachlassen der Bemühungen im Kampf gegen Juden- und Israelfeindlichkeit. »Auch wenn die Zahl der registrierten Vorfälle gegenüber dem Vorjahr gesunken ist, halte ich die von RIAS Berlin für 2019 ermittelte Fallzahl von 881 für nach wie vor erschreckend hoch«, sagte Klein zu »nd«. Der Rückgang bedeute keineswegs, dass die Gesellschaft in ihren Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus nachlassen dürfe. Einen Faktor für das Abnehmen der Fälle sieht Klein darin, dass die in Berlin geltende Meldepflicht für antisemitische Vorfälle in den Schulen mittlerweile konsequent umgesetzt werde und die Schulen verstärkt intern damit umgingen. »Ich würde es sehr begrüßen, wenn die zunehmende Aufmerksamkeit für das Thema in der Öffentlichkeit und in den Medien dazu führt, dass die gesellschaftliche Ächtung für antisemitisches Verhalten wieder steigt«, sagte Klein.

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