A = X + Y + Z

  • Lesedauer: 2 Min.

»Küssen, kann man nicht alleine/ Und ich sag Dir auch den Grund./ Küssen das geht auf keinen Fall alleine,/ Denn dazu brauch ich einen anderen Mund«, schluchzt Max Raabe. Und: »Kindermund tut Wahrheit kund«, lautet ein Sprichwort. Doch was, wenn alle Münder gesetzlich verschlossen sind? Sich bedeckt halten müssen. Hinter Leinen- und Baumwolltüchern, selbst geschneidert, gefärbt, bestickt, bestrickt, bemalt. Manch Hobbyheimwerker hat sicher noch professionelleren Mundschutz daheim, dereinst im Baumarkt erstanden, als er sein Allkaufhaus oder die Datsche mit einer Kälte-Wärme-Dämmung aus Rockwool versah (furchtbares Zeug, das sich in Haut, Haar und Lunge festsetzt).

Den Kampf angesagt hat den innovativen Kreationen fantasievoller, talentierter Bürger und Bürgerinnen sowie profanem Bauarbeiter-Outfit die Modebranche. Mit der Verordnung des Mundschutzes allerorten hat sich für sie ein neues lukratives Geschäft aufgetan. Schon hört, sieht und liest man sie auf allen Kanälen, in Zeitungsspalten ihre Atemmasken in Flanell, Popeline, Seide, Damast, feinem Musselin, Kaschmir etc. anpreisen: schön, stilvoll, schick, gestreift, gepunktet, beherzt. Und umso teurer, je bekannter und berühmter die Labels sind, börsennotiert sowieso. Wenn die großen Modehäuser ihre überbezahlten Models noch nicht die Laufstege rauf- und runterscheuchen dürfen, müssen sie halt Ausschau nach anderen Eyecatchern und Moneymakern halten. Schlagzeilen und Schotter - kann man immer gebrauchen. Indes, muss Frau oder Mann sich jetzt Sorgen machen um die Lippenstift- und Make-up-Industrie? Ist diese demnächst auch auf staatliche Kredite angewiesen wie die bettelarme Autoindustrie? Denn wer schminkt sich Lippen und Wangen, wenn diese in der Öffentlichkeit bedeckt bleiben müssen? Fragen über Fragen. Und zum Schluss eine Formel von Albert Einstein: A = X + Y + Z. Hilfestellung zur Enträtselung: A steht für Erfolg, X für Arbeit, Y für Muße, Z für »Mund halten«. ves

Foto: imago images/ZUMA Wire

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -