- Berlin
- Coronakrise
Kitas brutal verunsichert
Betreuung soll wieder hochgefahren werden - Betroffene fühlen sich alleingelassen
»Die Berliner Politik lässt die Eltern nach wie vor im Regen stehen«, sagt Katharina Mahrt von der Elterninitiative »Kitakrise Berlin«. Mahrt und ihre Mitstreiter*innen haben sich deshalb gemeinsam mit dem Landeselternausschuss Kita und einer weiteren Gruppe Berliner Eltern am Montagnachmittag vor dem Roten Rathaus versammelt, um gegen die aktuelle Kita-Politik des Senats zu protestieren. »Wir fordern, dass Eltern, Kinder und Erzieher*innen in die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen werden«, sagt Mahrt. Wie viel in dieser Hinsicht »im Argen liegt«, hätten nicht zuletzt die jüngst präsentierten Pläne für die Kita-Öffnungen gezeigt.
Am letzten Donnerstag hatte die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie angekündigt, im Zuge der Lockerung der Corona-Maßnahmen auch das Betreuungsangebot in den Kitas und Kindertagespflegeeinrichtungen noch einmal deutlich auszuweiten. Ab Donnerstag dieser Woche dürfen somit auch Kinder, die im August eingeschult werden, sowie deren Geschwister wieder zurück in die Kitas - unabhängig vom Familienstatus oder den Jobs der Eltern. Bislang war die Notbetreuung Eltern aus »systemrelevanten« Berufen vorbehalten, wobei der Kreis der Anspruchsberechtigten bereits schrittweise erweitert worden war, zuletzt etwa auf Alleinerziehende. Zurzeit nehmen nach Senatsangaben rund 40 Prozent der Kinder das Angebot wahr. Ziel sei es, die Versorgung schrittweise auf 70 Prozent hochzufahren, hatte letzte Woche Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) erklärt.
Keine Frage: Es ist eine Spagat, den Familiensenatorin Sandra Scheeres (SPD) mit Blick auf die Kinderbetreuung hinzulegen versucht. Auf der einen Seite gibt es den Wunsch vieler Eltern, dass ihre Kinder in die Kitas zurückkehren dürfen, auf der anderen Seite die Sorge, ob in den Einrichtungen überhaupt ein ausreichender Infektionsschutz gewährleistet werden kann. Denn da solle man sich nichts vormachen, sagt etwa Doreen Siebernik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin, »Abstandsregeln sind in Kitas eigentlich nicht einzuhalten«. Nach den Vorstellungen des Senats soll das Problem über Kleingruppen gelöst werden. Mehr als eine Halbtagsbetreuung von bis zu vier Stunden pro Tag ist daher nicht drin.
Für Katharina Mahrt von »Kitakrise Berlin« sind »vier Stunden zwar besser als gar nichts«. Doch auch Mahrt sagt: »Da der Gesundheitsschutz mitgedacht werden muss, führt an Kleingruppen kein Weg vorbei.« Gleichwohl kritisiert sie die »Wischiwaschi-Mitteilungen« aus dem Haus von Senatorin Scheeres: »Demnach haben jetzt alle nur noch Anspruch auf Halbtagsbetreuung. Wie soll das gehen für die Eltern, die nicht von zu Hause aus arbeiten können?«
Ausweitung der Kita-Betreuung hin oder her, für diese Gruppen bleibe es auf absehbare Zeit dabei, dass sie sich privat organisieren müssen. Auch deshalb fordert »Kitakrise Berlin« ein einkommensunabhängiges »Corona-Kindergeld« in Höhe von mindestens 1000 Euro im Monat.
Alles in allem, sagt Mahrt, seien die Entscheidungen in Sachen Kita und Kindertagespflegeeinrichtungen in Berlin nicht nur schlecht kommuniziert worden, sondern auch viel zu schematisch gedacht.
Das sieht Gewerkschafterin Doreen Siebernik genauso: »Viele Erzieher*innen sind brutal verunsichert und fühlen sich alleingelassen.« Die Frage, wie die Kita-Öffnungen umsetzbar sind, habe der Senat bei den Einrichtungen selbst abgeladen. »Wie die das angesichts der begrenzten räumlichen Bedingungen und des Personalmangels hinkriegen - das lässt man einfach mal offen«, sagt Berlins GEW-Vorsitzende. Siebernik vermisst seitens des Senats generell »strategische Denkprozesse«, wie man sich einen Kita-Betrieb mit Abstandsregeln vorstellen solle. »Wenn die Erzieher*innen in dieser Frage keine Stimme bekommen, kann das nicht funktionieren.«
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