Nur keine Zweifel aufkommen lassen
Um die Akzeptanz für ihren Plan aufrecht zu erhalten, rechnet sich die Deutsche Fußball Liga die Realität schön
Die Rechnung von Christian Seifert kann nicht aufgehen. Es seien nur zwei von 81 Spielen, meint der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), die durch die zweiwöchige Quarantäne von Dynamo Dresdens Mannschaft nicht gespielt werden können. Nicht mal als »Rückschlag« sieht Seifert die ersten Spielabsagen noch vor dem Neustart am kommenden Wochenende in der 1. und 2. Bundesliga.
Naivität ist definitiv keine Eigenschaft, die man dem 51-jährigen DFL-Chef zuschreiben kann. Sein Krisenmanagement während der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden bundespolitischen Genehmigung zur Wiederaufnahme des Profifußballs in Deutschland wurde selbst von der »New York Times« als Vorbild für die großen US-amerikanischen Profiligen gepriesen. Es muss also Kalkül sein, wenn Seifert nur die beiden ersten Dresdner Partien bei Hannover 96 und gegen Greuther Fürth aufzählt.
Seifert ist ein Mann der Zahlen - und hat rein rechnerisch auch Recht. Die seit vergangenem Sonnabend verordnete Quarantäne der Dresdner müsste am 23. Mai enden. Am darauffolgenden Spieltag, bislang im Rahmen einer englischen Woche von Dienstag bis Donnerstag geplant, soll Dynamo also in Bielefeld spielen. So wird es nicht kommen. »Fakt ist, dass wir in den kommenden 14 Tagen nicht trainieren können«, hatte Dresdens Manager Ralf Minge die angeordnete Maßnahme des zuständigen Gesundheitsamts kommentiert. Am Montag stellte Kai Schulz als Amtsleiter Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Dresden klar: »Daran können auch die Ergebnisse der nächsten Testreihe, die zu Beginn der Woche durchgeführt wird, nichts ändern.«
Wenn man davon ausgeht, dass der DFL auch Fairness und Chancengleichheit wichtig sind, müsste Dynamo Dresden vor dem ersten Spiel nach der Quarantäne eine Vorbereitungszeit im Mannschaftstraining von zwei Wochen bekommen, mindestens. Denn die Gegner stehen dann schon sehr viel länger im Training - und haben zudem schon wichtige Wettkampfpraxis gesammelt. Dem offiziellen Spielplan folgend, wäre die Partie bei Wehen Wiesbaden am ersten Juni-Wochenende die erste mögliche für Dresdens Fußballer. Und demnach müssten mindestens vier Dynamo-Spiele ausfallen.
Es fällt schwer zu glauben, dass Christian Seifert all das nicht bedacht hat. Nach der durchaus viel kritisierten Erlaubnis, die Profis trotz weitergehender gesellschaftlicher Einschränkungen wieder Fußball spielen zu lassen, gilt anscheinend jetzt, keine weiteren Zweifel am Plan der DFL samt ihres Hygienekonzepts aufkommen zu lassen. Da kann man die Realität schon mal schnell schönrechnen, ohne gleich unter den Verdacht der bewussten Täuschung zu fallen.
Ganz klar hingegen ist das Ziel. »Die Saison soll weiterhin bis 30. Juni beendet werden«, sagte Seifert. Der DFL-Chef räumte zwar auch ein, auf zeitliche Verschiebungen vorbereitet zu sein. Dieser Standpunkt zeigt aber, wie sich die Argumentation der Verantwortlichen in der Coronakrise verändert hat. Anfangs war es nur wichtig, die Saison irgendwie und irgendwann sportlich zu beenden. Die Drohkulisse: mindestens 13 insolvente Vereine in der 1. und 2. Bundesliga. Jetzt gilt es, unbedingt den zeitlichen Rahmen einzuhalten. Der Grund ist der gleiche: Geld. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke formulierte es so: »Wir müssen die Saison vor dem 30.6. ordentlich beenden, weil wir ansonsten mit Regressverpflichtungen leben müssen, weil wir sonst Verhandlungen führen müssen.«
Für ihren Fahrplan hatte die DFL in ihrem Hygienekonzept eigentlich vorgesehen, dass nur mit dem Corona-Virus infizierte Personen in Quarantäne sollen. Das für die Dynamo-Mannschaft zuständige Gesundheitsamt hat nach den gesellschaftlich geltenden Regeln entschieden. Auch wenn das zuvor betroffene Vereine anders gemacht haben, das Dresdner Szenario kann dem Profifußball in den kommenden Wochen immer wieder in die Quere kommen.
Wie schnell und unerwartet das geschehen kann, beschreibt einer der beiden positiv getesteten Dynamo-Profis. »Nachdem ich fünfmal getestet wurde, seit wir wieder mit dem Training begonnen haben und jedes Ergebnis negativ war, bekam ich plötzlich einen Test zurück, der besagte, dass ich positiv auf Covid-19 getestet wurde. Keine Symptome, keine Indizien, nichts. Ich habe alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die ich konnte. Und trotzdem ist es passiert«, sagte Stürmer Simon Makienok.
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