Dariga Nasarbajewa fällt tief
Kasachstans Senatssprecherin wurde unerwartet entlassen
Plötzlich war sie weg. Dariga Nasarbajewa, die einst mächtigste Frau Kasachstans, ist verschwunden. Nachdem sie Anfang des Monats von Präsident Qassym-Schomart Toqajew plötzlich als Senatssprecherin entlassen wurde, hat man von ihr nichts mehr gesehen oder gehört. Einige Experten sprechen von einem Machtkampf, der unter den Eliten ausgebrochen sei. Andere glauben, dass die Tochter von Ex-Präsident Nursultan Nasarbajew einfach zu unbequem geworden sei.
Die Beteiligten hüllen sich in Schweigen. Toqajew dankte Nasarbajewa mehrfach für ihre Arbeit. Eine Erklärung für seine Entscheidung lieferte er nicht. Auch von der Geschassten selbst oder ihrem Vater gibt es kein Wort zu dem Vorgang. Dabei gilt es als unwahrscheinlich, dass Nasarbajewa ohne dessen Zustimmung abgesetzt wurde. Nursultan Nasarbajew trat zwar 2019 nach fast 30 Jahren an der Spitze Kasachstans zurück, hält aber weiterhin die politischen Fäden in der Hand.
Der Posten des Senatssprechers ist das zweithöchste Amt in Kasachstan. Für Toqajew war es selbst ein Sprungbrett. Nachdem er Präsident geworden war, übernahm Nasarbajewa die Stelle. Dabei ist sie in der Bevölkerung nicht sonderlich beliebt. Und eine Frau an der Spitze? Für viele Kasachstaner unvorstellbar.
Dariga Nasarbajewa ging 2003 in die Politik, als sie ihre eigene Partei gründete. Diese ging jedoch nur drei Jahre später in der Regierungspartei ihres Vaters auf. Ein dunkler Fleck in Nasarbajewas Biografie ist nach wie vor die Ehe mit Rachat Alijew, dem vorgeworfen wurde, ein Komplott gegen seinen Schwiegervater geplant zu haben. Er wurde als Botschafter nach Wien abgesandt, Nasarbajewa ließ sich scheiden. 2015 starb Alijew unter mysteriösen Umständen in einem österreichischen Gefängnis.
Vor wenigen Wochen geriet Nasarbajewa wegen eines Immobilienskandals in die Schlagzeilen. Britische Behörden hatte in London drei Luxusimmobilien im geschätzten Wert von 92 Millionen Euro beschlagnahmt. Die Behörde war davon ausgegangen, dass die Häuser aus den angeblich illegalen Einkünften von Nasarbajewas verstorbenem Ex-Mann bezahlt worden seien. Vor Gericht fand sie anscheinend eine bessere Erklärung für ihr Vermögen - die Immobilien wurden wieder freigegeben.
Doch gerade jetzt, da das Land nicht nur gegen Corona kämpft, sondern auch wirtschaftlich unter den niedrigen Ölpreisen leidet, stößt der Reichtum der Familie Nasarbajew vielen bitter auf. Zumal der Ex-Präsident im März die leidgeprüften Kasachstaner noch um Spenden für in Not geratene Unternehmen gebeten hat. Für Toqajew ist die Krise hingegen eine Chance, sich zu beweisen: Er hat soziale und wirtschaftliche Maßnahmen ergriffen, besucht Labore, zeigt Präsenz. Nasarbajew, der im Juli 80 Jahre alt wird, zeigte sich hingegen schon länger nicht mehr in der Öffentlichkeit. Manche spekulieren bereits, dass sich sein Gesundheitszustand arg verschlechtert habe.
Nutzt Toqajew diese Situation aus? Nasarbajewas Entlassung hat zumindest ein ganzes Personalkarussell in Gang gesetzt, bei dem vergleichsweise junge Karrierepolitiker befördert worden sind. So wurde beispielsweise der 48-jährige Maulen Aschimbajew zum neuen Senatssprecher ernannt. Er gilt als Vertrauter Toqajews, war bisher stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung. Die Jungen könnten ihre berufliche Zukunft eher an der Seite von Toqajew als unter Nasarbajew sehen. Eine offene Auseinandersetzung dürften sie dennoch scheuen. Dafür dürfte Nasarbajew noch zu viele Unterstützer haben.
Dariga Nasarbajewa, die am 7. Mai ihren 57. Geburtstag hatte, verlor neben ihrem Job auch ihren Sitz im Senat. Offiziell soll sie eine neue Stelle bekommen. Doch egal, welche das sein wird: Für die ehemalige Nummer 2 in Kasachstan ist es auf jeden Fall ein Abstieg.
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