Keine Sexarbeit ist auch keine Lösung

Anstelle eines Prostitutionsverbots sollten lieber die Ursachen menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen bekämpft werden

  • Vanessa Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass Bundestagsabgeordnete aus Union und SPD ausgerechnet jetzt mal wieder fordern, Sexarbeit in Deutschland zu verbieten, ist perfide:

In einem Brief an die Regierungschefs der Länder haben sie verlangt, den für diese Branche verhängten Shutdown zu verlängern, weil sie andernfalls »Infektionsherde« befürchten. Damit knüpfen sie perfekt an eine berechtigte Angst vor einer erneuten Corona-Welle an - und nutzen die Corona-Maßnahmen als Einfallstor für ihre reaktionäre Politik: Denn Sexarbeit, auch das steht in dem Schreiben, wollen sie grundsätzlich abschaffen – für alle und auch über Corona hinaus, weil es eine »menschenunwürdige Tätigkeit ist, zu der die Frauen gezwungen werden«.

Doch damit verschleiern sie die eigentlichen Probleme: Ein bisschen Zwang steckt wohl hinter jeder Lohnarbeit. Das hat weitaus mehr mit dem System zu tun als mit der eigentlichen Tätigkeit. Und dass Osteuropäer*innen in Deutschland häufiger unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen – sei es nun als Zwangsprostituierte, auf dem Spargelfeld oder in einem Schlachthof –, hat mehr mit einer Europäischen Union zu tun, in der soziale Gerechtigkeit und Arbeitnehmer*innenrechte klein geschrieben werden und in der »Produkte« möglichst billig verkauft werden müssen.

Ausstiegshilfen, Sprach- und Umschulungsprogramme, wie sie die Parlamentarier*innen nun fordern, sollte es für von Menschenhandel Betroffene ohnehin geben – dafür braucht es kein Sexkaufverbot. Denn das hilft am Ende niemandem – außer vielleicht der eigenen verklemmten Sexualmoral.

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