Terror in Halle: Prozess gegen Neonazi beginnt am 21. Juli

Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Halle tritt als Nebenkläger im Verfahren auf

  • Lesedauer: 3 Min.

Halle. Neun Monate nach dem Angriff auf die Synagoge in Halle rückt der Prozess gegen den Attentäter näher: Wie das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) am Dienstag mitteilte, will es im Juni über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Stephan B. entscheiden. Gleichzeitig legte das Gericht bereits 18 mögliche Verhandlungstermine fest - vom 21. Juli bis 14. Oktober. Der 28-Jährige sitzt in Untersuchungshaft. Er hat laut Bundesanwaltschaft ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Der Prozess soll nach aktueller Planung in Magdeburg stattfinden, teilte das OLG mit.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Halle, Max Privorozki, betonte, in dem Prozess als Nebenkläger auftreten zu wollen. »Ich möchte versuchen, auch für mich selber zu klären, wie bei den Taten die Entwicklung gelaufen ist, wie es dazu gekommen ist, ob er wirklich ein Einzeltäter war«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

»Ich möchte verstehen, warum Leute so etwas machen, sich zum Mörder entwickeln«, sagte Privorozki. Er verwies zugleich auf Attentate in Neuseeland, Paris und Hanau. Für ihn sei es wenig wahrscheinlich, dass der Attentäter von Halle keine Unterstützer hatte, sowohl
geistig als auch bei der Organisation der Taten, sagte Privorozki.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft Stephan B. zweifachen Mord und mehrfachen Mordversuch zum Nachteil von insgesamt 68 Menschen vor. Laut Anklageschrift handelte er »aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus«. Der Attentäter aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz hatte am 9. Oktober 2019 - am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur - versucht, in der Synagoge ein Blutbad anzurichten. Er schoss auf eine Holztür und warf Sprengsätze.

Als es ihm nicht gelang, in die Synagoge einzudringen erschoss er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau. Im Anschluss tötete er in einem nahen Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Mann. Der Attentäter filmte die Taten mit einer Helmkamera, seine Aufnahmen waren via Internet live zu sehen. Auf seiner Flucht verletzte er mindestens zwei Menschen. Die Polizei nahm ihn fest, als er mit einem Auto gegen einen Laster fuhr.

Die Bundesanwaltschaft hatte den 28-Jährigen im April dieses Jahres angeklagt. Darin heißt es, dass die Absicht, möglichst viele Besucher der Synagoge zu töten, ersichtlich auf niedrigen Beweggründen beruhe. B. habe Juden und Muslime töten wollen, »weil sie nach seiner Ansicht jeweils einer von ihm verhassten religiösen Gruppe angehörten«. Damit
habe er »ähnlich gesonnene Personen« motivieren wollen. Die Ankläger zeigen sich nach vorläufiger Einschätzung davon überzeugt, dass B. die Passantin und den Mann im Döner-Laden heimtückisch tötete. Laut einem ausführlichen psychiatrischen Gutachten ist er voll
schuldfähig. dpa/nd

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