Schwierige Rückkehr zur Normalität in den Kitas

Eine schnelle Öffnung der Kindergärten wollen alle Bundesländer - doch die Hygienemaßnahmen bereiten Schwierigkeiten

Auf dem Papier sieht alles so einfach aus. Die Familienminister von Bund und Ländern haben ein vierstufiges Modell für eine Öffnung der Kindergärten entwickelt, das von einer eingeschränkten Notbetreuung bis zum Regelbetrieb reicht. Die meisten Länder befinden sich irgendwo zwischen dem Status einer erweiterten Notbetreuung - in die berufstätige Alleinerziehende und Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, ihre Kinder abgeben können - und einem eingeschränkten Regelbetrieb.

Doch was diese Vorgaben aus den Ministerien bedeuten, und wie sie umgesetzt werden können, gestaltet sich für die einzelnen Einrichtungen doch mitunter schwierig. So schreibt eine Kindergartenleitung im hessischen Witzenhausen an die Eltern, dass sie noch immer keine genauen Angaben machen könne, welche Kinder am kommenden Montag in den Kindergarten zurückkehren dürfen, und begründet dies mit fehlenden Informationen aus dem Wiesbadener Familienministerium. Ab dem 2. Juni soll es eigentlich einen eingeschränkten Regelbetrieb geben. »Täglich bekommen wir neue Schreiben mit immer wieder den gleichen schwammigen Informationen und immer wieder den Hinweis auf Hygienevorschriften, die ›in Kürze‹ kommen werden.« Die Einrichtung geht davon aus, dass diese Vorschriften festlegen, wie viele Kinder gleichzeitig aufgenommen werden dürfen.

Der Coronaschutz in vielen Einrichtungen sieht kleine Gruppen vor, die strikt voneinander getrennt sind, um die Zahl der Kontakte überschaubar zu halten. Dies bedeutet einen hohen organisatorischen Aufwand. Vor allem braucht es dafür viele Erzieherinnen und Erzieher, worauf die Gewerkschaft GEW zuletzt immer wieder hingewiesen hat. Die fehlen aber vielerorts bereits im regulären Betrieb.

Dass eine Öffnung der Kitas zum jetzigen Zeitpunkt ein Wagnis ist, zeigen Fälle in Bremen, wo es vor anderthalb Wochen in drei Kindergärten Corona-Ausbrüche gab und eine Einrichtung daraufhin wieder komplett schließen musste. Trotzdem drängen die Familienminister darauf, die Kindergärten möglichst rasch wieder zu öffnen. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hält einen baldigen Regelbetrieb für wünschenswert. »Aus Sicht des Kindeswohls wäre es das Beste, wenn alle Kinder so schnell wie möglich wieder in ihre Kitas und Schulen gehen könnten.« Für ihre Entwicklung sei es problematisch, wenn sie so lange ohne professionelle Bildungsanleitung auskommen müssten. »Sie leiden unter der jetzigen Situation und können Schaden nehmen, je länger diese anhält«, so die Ministerin.

Am Mittwoch trafen sich die Familienminister von Bund und Ländern, um über weitere Öffnungen zu sprechen. Die einzelnen Länder liegen dabei weit auseinander. Niedersachsen zeigte sich eher vorsichtig. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) erklärte vor der Videoschalte, bei »einer Stabilisierung des Infektionsgeschehens« könne er sich vorstellen, »die Notbetreuung auf mehr als 50 Prozent der Regelgruppengröße hochzufahren«. Baden-Württemberg dagegen will dem Beispiel Sachsens folgen und die Kitas bis Ende Juni vollständig öffnen.

Zu diesem Schritt bewogen hat die Landesregierung vor allem eine Untersuchung der Universitätskliniken Heidelberg, Freiburg und Tübingen, die zeigt, dass Kinder unter zehn Jahren offenbar kein großes Infektionsrisiko beim Coronavirus hätten. »Damit können wir ausschließen, dass Kinder besondere Treiber der Infektion sind«, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Bislang sind junge Menschen selten schwer an dem Virus erkrankt. Woran das liegt, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt.

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