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Massives Antisemitismusproblem

Die Statistik zeigt einen Anstieg dieser Straftaten um 35 Prozent seit 2017

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich besorgt über den Anstieg politisch motivierter Straftaten im vergangenen Jahr geäußert. Es sei das zweithöchste Niveau seit Erfassung dieser Kategorie im Jahr 2001 erreicht worden, sagte Seehofer bei Vorstellung der Statistik am Mittwoch in Berlin. Nur 2016, in dem Jahr nach der großen Fluchtbewegung nach Deutschland, habe die Zahl der politisch motivierten Straftaten noch höher gelegen. Insgesamt registrierten die Sicherheitsbehörden mehr als 41 000 Fälle dieser Art, was einem Anstieg von 14,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. 2018 waren 36 062 solcher Straftaten verzeichnet worden.

Mehr als die Hälfte aller Fälle wurde demnach im vergangenen Jahr der rechten Szene zugeordnet. Die deutliche Zunahme der rechtsextremen Straftaten ist ein klares Resultat einer »Hassspirale«, erklärte der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser. »Denn aus Worten werden schnell auch schlimmste Taten.« Mit 22 342 Fällen seien rechte Straftaten um 9,4 Prozent im Vergleich zu 2018 gestiegen. Die Zahl der antisemitischen Straftaten stieg sogar um 13 Prozent. Hauptquelle dieser Delikte - 1898 der 2032 - ist der Rechtsextremismus, wie Seehofer sagte. Es handele sich um den höchsten Stand seit 20 Jahren.

»Für Juden in Deutschland ist Antisemitismus alltäglich geworden«, erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Aktuell wirkten sich die Coronakrise und mit ihr verbundene Verschwörungsmythen noch einmal verstärkend aus. »Die immer häufigeren Attacken auf Jüdinnen und Juden sind eine Schande für unser Land«, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). »Jüdisches Leben müssen wir mit allen Mitteln unseres Rechtsstaats schützen und Täter unmittelbar zur Verantwortung ziehen.« Die hohe Anzahl antisemitischer Straftaten, die im Vergleich zu 2017 sogar um 35 Prozent gestiegen seien, »zeigt das massive Problem, das wir mit Antisemitismus in Deutschland haben«, sagte die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic.

Die Zahl der als islamfeindlich eingestuften Straftaten stieg im gleichen Zeitraum laut Polizeistatistik um 4,4 Prozent auf 950 Delikte. Auch hier stammten etwa neun von zehn Tätern aus dem rechten Spektrum. Bei den Delikten des Bereichs »religiöse Identität« gab es dennoch ein Minus von 27,5 Prozent. Rückläufig waren die Straftaten aus dem Bereich der »ausländischen Ideologie«, und zwar ebenfalls um 23,7 Prozent. Zahlen in diesem Bereich werden erst seit 2017 erhoben und bezeichnen Taten, bei denen der Täter nicht aus dem Land stammt, das als mit der Ideologie direkt verknüpft angesehen wird. Die Zahl der Delikte bei der politisch motivierten Kriminalität von links lag mit 9849 zwar vergleichsweise niedrig, allerdings stellte dies einen Anstieg um 23,7 Prozent dar. Einen Rückgang gab es aber bei den Gewalttaten: Die Zahl der rechten Delikte sank hier um 14,7 Prozent auf 986, die der linken um 21,5 Prozent auf 1052. Die meisten der 13 vollendeten oder versuchten Tötungen - nämlich sieben - gingen auf das Konto rechter Täter.

»Die staatlichen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus machen offenbar wenig Eindruck auf die Naziszene«, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Der Kampf gegen sie werde nicht mit neuen Gesetzen oder einer Stärkung der Verfassungsschutzbehörden gewonnen. Es fehle auch an einer gesamtgesellschaftlichen Verständigung darüber, Hassreden in die Schranken zu verweisen. »Für diese langfristige Strategie müssen Regierungspolitiker auf Ressentiments gegen Flüchtlinge und Migranten verzichten, zudem brauchen gesellschaftliche Initiativen gegen rechts umgehend eine erweiterte und vor allem langfristige Finanzierung.«

Anders als bei der polizeilichen Kriminalstatistik werden die Fälle im politisch motivierten Bereich nach dem Anfangsverdacht und nicht nach dem Ermittlungsergebnis gelistet. Um ein Drittel auf 1674 stieg 2019 die Zahl der Angriffe auf Amtsträger und gewählte Abgeordnete an. In der Kriminalstatistik fehlt weiterhin eine Kategorie von Straftaten, die durch Polizist*innen begangen werden. Den Bedarf dafür sieht der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch nicht. »Das wäre eine Sonderstatistik«, sagte Münch und verwies darauf, die Straftaten von Polizist*innen seien in der offiziellen Zählung ohnehin enthalten. Mit Agenturen

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